Artikel 23/09/2020

Das jameda-Interview: 9 Fragen an Frau Dr. med. dent. Marion Hahn

Dr. med. dent. Marion Hahn Zahnarzt
Dr. med. dent. Marion Hahn
Zahnarzt
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Ärzte haben einen besonderen Blick auf die Welt der Medizin. Damit Patienten hinter die Kulissen des Gesundheitswesens blicken können, stellt jameda Frau Dr. med. dent. Marion Hahn interessante Fragen zu ihren Erfahrungen als Kieferorthopädin.

jameda: Frau Dr. Hahn, was hat Sie motiviert, Kieferorthopädin zu werden und warum haben Sie sich für Ihre Spezialgebiete entschieden?

Frau Dr. Hahn: Ich habe es familiär erlebt: Mein Vater war Kieferorthopäde. Beim Mithelfen in seiner Praxis in München habe ich die Begeisterung über einen persönlichen, weil über Jahre dauernden Kontakt und Umgang mit Menschen von 4 bis 80 Jahren erlebt. Kieferorthopädie kann nach einer Behandlungssitzung für ein paar Tage mal unangenehm sein. Nach Behandlungsabschluss überwiegen allerdings bei Weitem die Freude und oft tatsächlich Begeisterung über eine tolle, gesunde Zahnstellung und ein Lächeln mit Ausstrahlung.

Die Patienten wachsen uns Behandlern und dem Team ans Herz. Denn durch Termine alle vier bis acht Wochen lernt man sich kennen und erkennen. In der KFO gibt es oft auch Zeit und die Notwendigkeit, miteinander zu reden, zu erklären und auf die individuelle Art der Patienten einzugehen, um sie auch entsprechend motivieren zu können.

Die Patienten sollen gerne kommen und wir haben bei allem Ernst der Maßnahmen auch viel Spaß zusammen – ein beglückender Beruf.

jameda: Worin liegt Ihr Tätigkeitsschwerpunkt und was macht diesen so besonders?

Frau Dr. Hahn: Mein Tätigkeitsschwerpunkt ist seit über 30 Jahren die Therapie der Zahn-Kieferfehlstellung mit festen, sogenannten Multiband-Apparaturen (vorab und anschließend oft unterstützt durch abnehmbare Spangen). Erwachsenen wurde schon immer die unsichtbare „Innenspange“, also Lingualtechnik, angeboten.

Seit ca. 10 Jahren behandeln wir auch zunehmend Kinder und Jugendliche mit Lingualtechnik. Die enormen Vorteile sind der „Selbstreinigungseffekt“ der Klammerteile durch die Zunge und Speicheldrüsen im Mundraum. Sorgen vor Schmelzschäden oder Behandlungsabbrüchen entfallen. Die Behandlung läuft ruhig und individualisiert, Zähne und Biss stehen gesund abgestützt und sicher und können dauerhaft gesichert werden.

jameda: Gibt es im medizinischen Bereich ein Vorbild, das Ihre Laufbahn besonders geprägt hat?

Frau Dr. Hahn: Prof. Dr. Wiechmann, Kieferorthopäde in Bad Essen, der in mittlerweile drei technischen „Generationen“ den Laborprozess für Lingualtechnik mit sogenannten vollkommen individualisierten Brackets und Bögen erarbeitet und umgesetzt hat.

Neben seiner großen Praxis unterhält er das Labor für die WIN-Apparatur (kleinstmögliche, zungenseitige feste Klammer). Er bietet uns Kollegen außerdem laufend Fortbildungen sowie die zweijährige Ausbildung zum Master of Science in Lingual Orthodontics. Zusammen mit Prof. Dr. Schwestka-Polly kreierte und leitet er dies an der Universität Hannover. Ein Mensch, der trotz enormer Verdienste und Zeitdruck immer ein offenes Ohr für Fragen hat.

jameda: Gibt es aktuell Hilfen oder Neuerungen, die Ihnen Ihren Praxisalltag erleichtern können?

Frau Dr. Hahn: Der geforderte Bürokratie-Aufwand steht im Verhältnis zur tatsächlichen Behandlungszeit etwa im Verhältnis von 65 % zu 35 %. D. h. einer Behandlungsstunde stehen etwa zwei Stunden allgemeine und spezielle Verwaltung gegenüber (ohne die zusätzlich laufend notwendigen fachlichen Fortbildungszeiten).
Allerdings sehe ich keine Möglichkeit, hier Abhilfe zu schaffen, der Arzt kann nur wenig delegieren oder abgeben. Würden die Medien über diese Differenzen berichten, könnte sich die Einstellung mancher kritischer Menschen vielleicht entspannen.

jameda: Wo sehen Sie in Ihrem Fachgebiet die größten Herausforderungen für die Zukunft?

Frau Dr. Hahn: Für ein erfolgversprechendes Ergebnis muss meiner Erfahrung nach jeder Patient „in einer Hand’ bleiben. Das heißt: Der Patient sollte bei jedem Besuch in der Praxis den gleichen Arzt sehen. So kann der Arzt den Verlauf verfolgen und neue Schritte planen, aber auch persönlich motivieren und Gespräche führen. Patienten zwischen 4 und 80 Jahren, alle mit ihren eigenen Mentalitäten und Ansprüchen, erhalten bei wechselnden Behandlern, Klinikmodellen und Zahnzentren zwar vielleicht die richtige technische Maßnahme. Aber es scheint wichtiger zu sein, dass der Patient sich individuell angenommen fühlt, seinen Arzt kennt und ihm vertraut. Dabei als Einzelpraxis wirtschaftlich bestehen zu können, ist eine aktuelle Herausforderung.

jameda: Was wird an Ihrem individuellen Umgang mit Ihren Patienten besonders geschätzt?

Frau Dr. Hahn: Alle in unserer Praxis haben spürbar große Freude daran, die Patienten binnen weniger Termine kennenzulernen: ihre Persönlichkeit, Umstände, Schulsituation, Elternhaus oder berufliche Lage. Patienten und Angehörige spüren, dass wir uns über sie freuen. Wir versuchen, wo immer möglich, alles individuell passend zu machen, seien es Termine oder technische Alternativen.

Jeder Patient sollte möglichst bei jedem Termin mindestens einmal zum Lachen gebracht werden. Wir leben in speziellen Zeiten, in denen Patienten möglichst ohne Angehörige zur Behandlung kommen sollen. Daher nehmen wir uns nach der Sprechstunde gerne Zeit für telefonische Erklärungen.

jameda: Was schätzen Sie an Ihren Patienten besonders?

Frau Dr. Hahn: Dass sie alle so verschieden sind. Nach Erfahrung mit eigenen Kindern (, die die Dres. Hahn und auch die Mitarbeiterinnen haben) sieht man jeden Patienten speziell an. Man erkennt an vielen Kleinigkeiten ihre Eigenschaften und wie sie/er vielleicht – unabhängig von der Therapie – angenommen und angesprochen werden möchte. Und die persönlichen Reaktionen, die wir darauf erleben, machen uns selber Freude. Die Behandlungen dauern ja zwischen ein bis vier Jahren. Das ist eine lange Zeit, in der es wichtig ist, gut miteinander auszukommen. Dazu noch mit den jeweiligen Eltern guten Kontakt zu finden, erfordert oft zusätzlich Energie, aber macht großen Spaß und gibt positive Energie.

jameda: Gibt es ein besonderes Patientenerlebnis, das Sie nie vergessen werden?

Frau Dr. Hahn: Ein Trisomie-Patient mit 12 Jahren. Seine Eltern entschieden sich trotz erheblicher privater Zuzahlungen – wegen der Risikominderung hinsichtlich Zahnpflege – für eine innenliegende, feste Zahnspange (sog. Lingualtechnik). Nach diversen spielerischen Übungen konnten wir die Spange tatsächlich einsetzen (jeder Patient muss es dabei schaffen, über 15 Minuten stillzuhalten, nicht zu reden, nicht durch den Mund zu atmen…). Der Patient hat uns anschließend ein Bild gemalt mit dem Text: „Dokta Hahn machd die beste Schpange“. Mittlerweile läuft seine Behandlung erfolgreich seit einem Jahr und der sichtbare Erfolg begeistert alle.

jameda: Welchen Gesundheitstipp möchten Sie unseren Lesern mit auf den Weg geben?

Frau Dr. Hahn: Kurze Pausen zwischen Anspannung und nächster Anstrengung. Augen zu, drei Mal tief einatmen und nichts denken. Und dann Augen zu und lächeln. Man fühlt sich danach besser.

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