Artikel 28/06/2018

Krebs: Geringere Nebenwirkungen dank insulinpotentierter Chemotherapie (IPT)

Dr. med. Michael Würfel Internist, Onkologe, Hämatologe & Internistischer Onkologe
Dr. med. Michael Würfel
Internist, Onkologe, Hämatologe & Internistischer Onkologe
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Bei metastasierten Krebserkrankungen stellt die Chemotherapie eine wichtige Option dar. In aller Regel handelt es sich um eine palliative Therapie. Hier ist das Therapieziel nicht die Heilung, sondern die Beschwerden zu lindern, die Lebensqualität zu verbessern und die Lebenszeit zu verlängern. Mit der klassischen schulmedizinischen Chemotherapie können diese Ziele oft erreicht werden, allerdings häufiger zum Preis deutlicher Nebenwirkungen.

Was sind die Nachteile der klassischen Chemotherapie?

Ein Nachteil der klassischen Chemotherapie ist ihre unpräzise Wirkung. Neben den Krebszellen werden auch normale Zellen wie die Blutzellen geschädigt, so dass die Dauer der Anwendung trotz nachgewiesener Wirksamkeit begrenzt ist.

Wünschenswert ist deshalb eine Therapie, die wirksam ist, aber keine starken Nebenwirkungen aufweist und dauerhaft verordnet werden kann. Eine Krebserkrankung kann dann als chronische Erkrankung aufgefasst werden, die zwar regelmäßig eine Therapie braucht, damit aber bei überschaubarem Nebenwirkungsprofil und guter Lebensqualität kontrolliert werden kann. Einer dieser Behandlungsansätze ist die insulinpotentierte Therapie (IPT).

Was ist die insulinpotentierte Therapie (IPT) und wie funktioniert sie?

Bei dieser Behandlung wird Insulin zu einer Chemotherapie gegeben. Dadurch soll ihre Wirkung verstärkt werden.

Zur Wirkungsweise existieren verschiedene Hypothesen. Tumorzellen haben im Vergleich zu normalen Zellen einen veränderten Stoffwechsel. Der bekannte Arzt und Wissenschaftler Prof. Otto Warburg entdeckte Anfang des letzten Jahrhunderts, dass Tumorzellen ihre Energie nicht über die sauerstoffabhängige Zellatmung gewinnen, sondern über Gärung. Da dieser Weg ineffektiv ist, benötigen die Krebszellen deutlich mehr Zucker, um ihren Energiebedarf zu stillen.

Um den Zucker zu bekommen, befinden sich auf der Oberfläche von Krebszellen viele sogenannte Insulinrezeptoren. Sie sind die Eintrittspforten für den Zucker, der so über das Blut in die Zelle gelangt. Das Phänomen der verstärkten Zuckeraufnahme in Krebszellen wird heutzutage bereits diagnostisch bei der sogenannten PET-CT-Untersuchung genutzt. Dabei wird ein radioaktiv markierter Zucker verabreicht, der sich v.a. in den Tumorherden anreichert.

Durch das Insulin soll nicht nur die Durchlässigkeit für Zucker, sondern auch für Wirkstoffe der Chemotherapie erhöht werden. Deshalb wird bei der insulinpotentierten Chemotherapie nur eine deutlich verringerte Menge einschlägiger Medikamente eingesetzt. So verringern sich auch die Nebenwirkungen.

Eine weitere Hypothese zur Wirkung des Insulins bei der IPT betrifft den Zellzyklus. Eine Chemotherapie wirkt auf Zellen, die sich in Teilung befinden. Ruhende Zellen werden von der Chemotherapie nicht erreicht. Insulin soll den Anteil der sich teilenden Zellen und damit die Zahl der Krebszellen erhöhen, die durch die Chemotherapie abgetötet werden.

Die insulinpotentierte Therapie wurde in den 1930er Jahren von Donato Perez Garcia ursprünglich zur Behandlung der Syphilis entwickelt. In den Folgejahren setzte er dieses Therapieprinzip bei einer Vielzahl von entzündlichen und infektiösen Erkrankungen wie z.B. Borreliose, Rheuma und Krebserkrankungen ein. Seitdem wird die insulinpotentierte Chemotherapie in vielen Ländern angewendet. Trotzdem ist die Datenlage nicht aussagekräftig und die Therapie bleibt umstritten.

Wie läuft die Behandlung ab?

Bei der IPT wird dem nüchternen Patienten eine zuvor berechnete Menge Insulin verabreicht. Das Ziel ist, eine Unterzuckerung zu erreichen. In dieser Phase wird die dosisreduzierte Chemotherapie verabreicht. Im Anschluss daran wird der Blutzuckerspiegel wieder normalisiert.

Obwohl eine Unterzuckerung immer ein gewisses Risikopotential besitzt, wird diese Therapie in geschulten Händen und guter Überwachung als sicher eingestuft. Durch die geringe Nebenwirkungsrate kann die Therapie ein- bis zweimal in der Woche angesetzt werden. Erfahrungsgemäß wird die IPT häufig mit weiteren Therapeutika wie Curcuma, Amygdalin, Artesimin und Methadon oder Behandlungsmethoden wie Hyperthermie eingesetzt.

Für wen kommt die Behandlung in Frage?

Für schwangere Frauen und Patienten mit bekannten allergischen Reaktionen gegen Insulin kommt die IPT nicht in Frage. Besondere Vorsicht sollte man bei Patienten mit Diabetes mellitus, Beta-Blocker-Therapien, Sulfonamid-Antibiotika und übermäßigem Alkoholkonsum walten lassen.

Zusammenfassend ist die insulinpotentierte Chemotherapie ein interessanter Therapieansatz im Grenzgebiet zwischen schulmedizinischer und naturheilkundlicher Medizin. Die IPT kann bei Patienten erwogen werden, die eine klassische Chemotherapie nicht wünschen oder dafür nicht geeignet erscheinen.

Auf einen Blick

Kostendeckung der Krankenkasse:

  • Die Kosten für die Chemotherapie werden von der Krankenkasse übernommen.
  • Nicht-konventionelle Medikamente wie Curcuma, Vitamin C oder Artesimin tragen sie nicht.

Verhaltenstipps nach der Behandlung:

Der Patient soll Traubenzucker mit sich führen, um eventuell später auftretende Unterzuckerungen behandeln zu können. Er wird über die Anzeichen einer Unterzuckerung aufgeklärt.

Behandlungsdauer:

Je nachdem, wie der Patient auf die Behandlung anspricht. Bei guten Ergebnissen ist sie auch als Dauertherapie möglich.

Arbeitsunfähigkeit:

  • während einer Chemotherapie
  • Aufgrund der guten Verträglichkeit können Patienten aber auch arbeiten gehen.

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