Artikel 07/07/2019

Stuhlinkontinenz: Ursachen & Behandlungsmöglichkeiten

Team jameda
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In Deutschland leiden nahezu 1 bis 4% der Gesamtbevölkerung im Alter über 40 Jahren an den Symptomen einer Stuhlinkontinenz. Daten der Kontinenzgesellschaft und andere Erhebungen gehen davon aus, dass bis zu 1,4% mit erheblichen Belastungen zu tun haben, worunter jeder zweite so schwer betroffen ist, dass die Lebensqualität nachhaltig reduziert wird.

Wie entstehen Stuhlinkontinenzen?

Bei Bewohnern von Pflegeeinrichtungen stellt sich die Lage nochmals dramatischer dar. Bis zu 25% sind hier von einer Stuhlinkontinenz betroffen. Die Ursachen sind vielfältig und je nach Altersklasse verschieden. Folgende Faktoren können dabei eine Rolle spielen:

  • degenerative Veränderungen am Beckenboden
  • postoperative Organstörungen
  • Zahl und Komplexität der Entbindungen bei Frauen
  • neurologische und gastroenterologische Faktoren
  • chronische Verstopfung und Stuhlentleerungsstörungen

Nach einer Untersuchung von Varma et al. aus dem Jahre 2006 (Dis Colon Rektum June 2006) haben auch Einflussfaktoren außerhalb des Darms eine Rolle bei der Entstehung.

Gemessen an ihrer Bedeutung für den Erhalt der Lebensqualität besteht anders als bei Malignomerkrankungen kaum eine breite Erkenntnis über die heutigen Möglichkeiten einer Einflussnahme durch geeignete Therapiemaßnahmen.

Wie kann die Stuhlinkontinenz behandelt werden?

Die genaue Einordnung der Störung und die gezielte Therapie geschieht meist erst in der Behandlung durch koloproktologische Spezialisten, die in der Regel nicht an der allgemeinen Krankenversorgung teilnehmen. Hierzulande besteht zudem für die Stuhlinkontinenz - anders als im angloamerikanischen Raum - keine nationale Leitlinie. In Anlehnung daran (ICI-Guideline etc.) wurde 2014 von C. Gingert und F. H. Hetzer ein praktikabler Algorithmus entwickelt, der für die Praxis ein wichtiges Tool darstellt.

Prinzipiell müssen bei der Stufentherapie zielführende konservative Maßnahmen vor operativen Interventionen erwogen werden, sofern der Patient kooperativ ist und nicht von vornherein offensichtlich dominierende Patholgien vorliegen. Ziel ist immer, die Lebensqualität den Ansprüchen des Patienten folgend wiederherzustellen.

Nach unserer Erfahrung können Beschwerden in den allermeisten Fällen gut kompensiert werden, indem die hier gezeigten Methoden und Therapien gut ausgeschöpft werden. durch die Ausschöpfung der hier gezeigten Methoden und Therapien bereits in den allermeisten Fällen eine gute Kompensation unter nur sehr geringer operativer Morbidität zu erreichen. Die oft anfängliche Skepsis vor einer apparativen Therapie, zum Beispiel durch die sakrale Neuromodulation (SNM/SNS), weicht in kurzer Zeit unter der Erfahrung einer besseren Stuhl- und oft auch Harnkontrolle. Die Methode wird in zwei Einzelschritten angewendet.

Da es keine absehbaren Untersuchungen gibt, um die Erfolgswahrscheinlichkeit zu messen,
wird zunächst eine Probestimulation durchgeführt. Um die Patienten so wenig wie möglich zu belasten, wird hier mit einer Tined-Lead-Elektrode gearbeitet, die im positiven Fall unverändert bleiben kann. Nach einer unterschiedlich langen Erprobungsphase wird bei einem positiven Ergebnis ein Neurostimulator unter Lokalanästhesie implantiert.

Selbst in theoretisch ungeeigneten Fällen hat sich die Neurostimulation oft als hilfreich erwiesen. Deshalb wird eine Probestimulation in aller Regel bevorzugt. Daneben erfährt diese Therapieform eine wachsende Bedeutung bei der Behandlung der chronischen idiopathischen Obstipation und therapierefraktären Schmerzsyndromen des Beckenbodens.

So kann ein Schließmuskelimplantat helfen

In seltene Fällen einer hochgradigen strukturellen Schädigung des Beckenbodens mit unter
den genannten Therapieverfahren refraktärer Inkontinenz hat sich die Augmentation des
Sphinkters durch künstliche Schließmuskelimplantate bewährt.

Nach jahrelanger Skepsis gegen diese Materialien wegen der vorgekommenen Infektionsraten und Penetrationen scheint nun ein Implantat gefunden zu sein, dass sich in mehreren Untersuchungen als zuverlässig hinsichtlich der Effektivität und der Sicherheit bei der Anwendung erwiesen hat und zudem nur sehr seltene Komplikationen hervorbrachte.

Eigene Erfahrungen mit der Anwendung dieser Implantate zeigten einen durchgehend guten Erfolg. Die betroffenen Patienten waren bereits nach einer kurzen Eingewöhnung in der Handhabung vertraut. Kein Implantat zeigte Arrosionen oder musste infektbedingt entfernt werden.

Selbst bei anfänglicher Fehlbedienung entstanden keine kritischen Situationen. Alle Implantatträger-/ innen können heute wieder ungehindert ihren Freizeitaktivitäten nachgehen und an Reisen teilnehmen.

Fazit

Die Stuhlinkontinenz erfordert als häufiges und schambehaftetes Krankheitsbild einer genauen Anamnese und der Beurteilung durch den Spezialisten. Die Behandlung erfolgt in einem mehrstufigen Konzept, wobei der optimale Weg ein Geflecht aus konservativen und operativen Maßnahmen beinhaltet.

Fußnoten

  • Coloproctology 2014; 36: 125 - 37

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