Artikel 06/06/2016

Herz in Takt – Gesichter der Herzrhythmusstörung

Team jameda
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Der Taktgeber des Herzens ist üblicherweise der Sinusknoten, der das Herz im Laufe eines 80 bis 90-jährigen Lebens über 3.000.000.000-mal schlagen lässt. Doch kommt das Herz aus seinem Rhythmus, kann das von kaum merklichen Folgen bis zu schweren Funktionsstörungen führen.

Physiologie

Der normale Taktgeber des Herzens ist der Sinusknoten im rechten Herzvorhof, der seine Impulse über die beiden Vorhöfe, den Reizleitungsknoten und die beiden Herzkammern in jede Muskelzelle des Herzens abgibt. Das Herz des Menschen schlägt in der Regel 60 bis 80 Mal pro Minute und unterliegt in Abhängigkeit von physischer oder psychischer Belastung regelmäßigen Schwankungen.

Hierbei verändert sich der Herzschlag - angepasst an die aktuellen Voraussetzungen - gleichmäßig nach oben (Belastung) oder nach unten (Ruhe), ohne dass dies vom Menschen als wesentlich unangenehm wahrgenommen wird.

Herz aus dem Takt

Bei Herzrhythmusstörungen handelt es sich um eine unregelmäßige Abfolge der elektrischen Erregung und ihrer Ausbreitung am Herzen (Eigenaktivität des Herzens). Wichtig ist zunächst das Erkennen einer Rhythmusstörung, denn viele Patienten leiden oft jahrelang darunter, ohne dass die richtige Diagnose gestellt wird. So können Herzrhythmusstörungen aus heiterem Himmel entstehen oder nur eine kurze Zeit anhalten und sind deshalb im Elektrokardiogramm nicht immer sofort sichtbar.

Auch können Herzrhythmusstörungen bestehen, ohne dass diese vom Patienten bemerkt werden, aber dennoch eine Gefahr darstellen, so z.B. das Vorhofflimmern. Hinsichtlich der Art der Herzrhythmusstörungen teilt man diese in schnelle (tachykarde), langsame (bradykarde) und/oder unregelmäßige (arrhythmische) Herzrhythmusstörungen ein.

Weiterhin unterscheidet man entsprechend ihres Entstehungsortes Herzrhythmusstörungen, die aus dem Herzvorhof (Atrium), der Herzkammer (Ventrikel) und dem elektrischen Reizleitungssystem des Herzens kommen.

Symptome einer Herzrhythmusstörung

Zu schneller Herzrhythmus:

  • Herzrasen
  • Herzstolpern
  • Leistungsschwäche
  • Schwindel
  • Angst und Nervosität
  • Brustschmerzen (Angina-Pectoris)
  • Luftnot
  • Sprach-/Sehstörung
  • Lähmungen
  • Bewusstlosigkeit (Synkope)
  • Harnflut
  • Plötzlicher Herztod bei Kammerflimmern

Zu langsamer Herzrhythmus:

  • Aussetzen des Pulses
  • Leistungsschwäche
  • Schwindel
  • Angst und Nervosität
  • Brustschmerzen (Angina-Pectoris)
  • Luftnot
  • Sprach-/Sehstörung
  • Lähmungen
  • Bewusstlosigkeit (Synkope)

Ursachen der Herzrhythmusstörung

Herzrhythmusstörungen können bei Personen mit einem anscheinend gesunden Herzen vorkommen, sie können allerdings auch ein erstes Anzeichen für eine relevante koronare Herzerkrankung mit Durchblutungsstörungen oder für einen abgelaufenen stummen Herzinfarkt sein. Herzrhythmusstörungen können aber auch im Rahmen von Entzündungen des Herzens, Herzklappenfehlern oder einem langjährigen hohen Blutdruck (Hypertonie) auftreten.

Auslöser oder Verstärker von Herzrhythmusstörungen können - sowohl bekannte, als auch versteckte - Hypertonie, Hormonstörungen (v.a. der Schilddrüse), Infekte, übermäßiger Alkoholgenuss, Medikamente etc. sein. Allerdings auch eher banale “Erkrankungen“ wie ein Magen-Darm-Infekt mit Durchfall oder übermäßiges Schwitzen beim Sport an einem heißen Sommertag können durch eine Verschiebung der Mineralstoffe im Blut zu Herzrhythmusstörungen unterschiedlicher Ausprägung führen.

Symptomatik der Herzrhythmusstörung

Eine Herzrhythmusstörung kann interindividuell vollkommen unbemerkt bestehen oder aber als leichtes Herzstolpern bis hin zu starkem Herzrasen wahrgenommen werden.

Bei einem leichten und nur gelegentlich auftretenden Herzstolpern handelt es sich meist um primär ungefährliche Extrasystolen des Herzens. Hierbei ist nicht die Extrasystole selbst zu spüren. Was der Betroffene bemerkt, ist der Schlag des Herzens, der auf die kurze Pause nach dem Extraschlag folgt. Das Herz hat in der Pause mehr Zeit, sich mit Blut zu füllen.

Das lässt den nächsten Schlag kräftiger ausfallen. Insbesondere die manchmal kaum wahrnehmbaren Herzrhythmusstörungen, wie zum Beispiel das Vorhofflimmern, können über die Bildung von Blutgerinnseln im Herzen und Verschleppung in andere Körperregionen (Embolie) eine schwerwiegende Komplikation verursachen. Hier können auch in das Gehirn verschleppt kleine Mikroembolien einen Schlaganfall auslösen.

Weiterhin können auch eher banale Herzrhythmusstörungen durch einen Sturz zu schwerwiegenden Komplikationen führen. Hierbei ist durch die aufgehobenen Eigenreflexe des Körpers häufig eine gravierende Verletzungsgefahr gegeben. Treten Symptome wie Schwindel,  Sprach-/Sehstörungen, Lähmungen, Brustenge, Kurzatmigkeit, Unwohlsein oder Ohnmacht auf.

Oder ist eine Herzerkrankung bereits bekannt und die Beschwerden nehmen zu, so ist eine umgehende Vorstellung bei einem Arzt/ Kardiologen notwendig, um eine weitere Diagnostik einzuleiten. Grundsätzlich sollte jede neu aufgetretene symptomatische Herzrhythmusstörung von einem Arzt/ Kardiologen abgeklärt werden.

Notwendige Untersuchung zur Abklärung einer Herzrhythmusstörung

Zu den Untersuchungen, die eine Herzrhythmusstörung abklären, gehören neben einem Ruhe-EKG ein Langzeit-EKG sowie eine Echokardiographie.

Insbesondere sollte aber auch der Blutdruck eines symptomatischen Patienten untersucht werden, da ein akut/chronisch erhöhter Blutdruck zu Herzrhythmusstörungen führen kann.

Treten die Herzrhythmusstörungen eher selten auf, besteht die Möglichkeit einer symptombezogenen Dokumentation, z.T. über mehrere Wochen durch ein kleines tragbares EKG-Gerät. Da Herzrhythmusstörungen auch isoliert oder gehäuft bei Belastung auftreten können, ist eine Belastungsuntersuchung ebenfalls zu empfehlen. Zudem erfolgt eine genaue Labordiagnostik, um Ursache oder Folge einer Herzrhythmusstörung zu eruieren.

Bei bestimmten oder längerfristig unklaren Herzrhythmusstörungen kann es auch möglich sein, dass der Arzt zu einer elektrophysiologischen Untersuchung rät. Hier werden die elektrischen Ströme des Herzens mittels Herzkatheter direkt am Herzen gemessen und Ursachen sowie Ausbreitung einer Herzrhythmusstörung genau lokalisiert. Falls nötig, kann in der gleichen Sitzung eine Elektrotherapie (Ablation) von Zentren der Impulse, die Ursprung des unrhythmischen Herzschlages sind, erfolgen.

Spezielle Fragestellungen können z.T. auch sehr gut mit den neuartigen bildgebenden Verfahren wie die Kernspintomographie des Herzens (Cardio-MRT) oder die CT-Untersuchung des Herzens (Cardio-CT) dargestellt werden.

Therapiemöglichkeiten

Ob und wie eine Herzrhythmusstörung behandelt werden muss, richtet sich nach der Ursache und kann vom Arzt nach Durchführung der nötigen Untersuchungen festgelegt werden.

Gibt es eine klar ersichtliche Ursache der Herzrhythmusstörung, kann diese ggf. wirksam behandelt werden. Störungen auf Grund eines zu langsamen Herzrhythmus (Bradykardien) können mit einem Herzschrittmacher behandelt werden. Bei Störungen, die auf Grund eines zu schnellen Herzrhythmus (Tachykardien) bestehen und zu einem plötzlichen Herztod führen können, ist die Behandlung mit einem implantierten Defibrillator (ICD) möglicg. Bei unregelmäßigen Herzrhythmusstörungen besteht zudem die Möglichkeit einer alleinigen medikamentösen Therapie.

Da die Medikamente manchmal auch schwerwiegende Nebenwirkungen haben können, sind eine sorgfältige Auswahl sowie eine regelmäßige Kontrolle durch den Arzt/ Kardiologen zwingend notwendig. Die Therapie einer Herzrhythmusstörung kann also von einem Ausgleich oder der Supplementierung des Elektrolythaushaltes über eine Medikamenteneinnahme bis hin zu einer elektrophysiologischen Intervention reichen.

Weiterhin kann die Implantation eines Herzschrittmachers/ICDs helfen, langsame oder schnelle Herzrhythmusstörungen zu beheben und den Menschen somit vor unangenehmen Symptomen und auch vor schwerwiegenden Komplikationen schützen. Als die häufigste anhaltende Herzrhythmusstörung des höheren Alters kann das Vorhofflimmern auftreten. Hierbei handelt es sich um eine ungerichtete Herzerregung im Herzvorhof, die z.T. ohne Symptome, allerdings auch mit schwerer Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens einhergehen kann.

Entsprechend der Framingham-Daten erhöht sich bei Vorliegen einer Hypertonie das Risiko, Vorhofflimmern zu entwickeln um ein Vielfaches [1]. Generell nimmt unter den Ursachen für paroxysmales (gelegentliches) Vorhofflimmern in der westlichen Welt der Bluthochdruck Platz 1 ein (16–34 %), gefolgt von der koronaren Herzkrankheit (6–24 %), der rheumatischen Herzerkrankung (3–14 %) und der Schilddrüsenüberfunktion (2 %) [2]. Somit kann eine frühzeitige und effektive Blutdrucktherapie eine wichtige Basis zur Vermeidung von Herzrhythmusstörungen sein.

Fazit

Eine Herzrhythmusstörung kann in seiner Ausprägung von nicht wahrnehmbaren Extraschlägen bis hin zu komplexen und z.T. auch gefährlichen Unregelmäßigkeiten des Herzschlages reichen.

Eine neu aufgetretene oder symptomatische Herzrhythmusstörung oder bereits der differentialdiagnostische Verdacht auf eine Herzrhythmusstörung sollte auf jeden Fall beim Arzt/ Kardiologen abgeklärt werden, um – falls notwendig – eine geeignete Therapie einzuleiten.

Die Kontrolle des Blutdrucks mit ggf. frühzeitiger Therapie ist bei deutlich erhöhten Blutdruckwerten und linksventrikulärer Wandverdickung eine wichtige Vorsorge. Eine früh erkannte Hypertonie ist eine einfach zu behandelnde Erkrankung, im Gegensatz zu einer diagnostisch und therapeutisch manchmal schwer zu begegnenden Herzrhythmusstörung.

Gut zu wissen:

Risikofaktoren für eine Herzrhythmusstörung

  • Alter
  • Bluthochdruck
  • Koronare Herzerkrankung, Z.n. Herzinfarkt
  • Herzschwäche, Herzmuskel-Hypertrophie
  • Herzklappenfehler
  • Herzmuskelentzündung
  • Schilddrüsenfunktionsstörung
  • Verschiebung der Mineralienwerte im Blut
  • Medikamente, Drogen, Koffein
  • Schlafapnoe
  • Lungenerkrankung
  • Lungenembolie

Quellen:

Klinische Kardiologie, Krankheiten des Herzens, des Kreislaufs und der herznahen Gefäße, Erdmann, Erland, 8., aktualisierte Auflage, 2011
[1] Kannel WB, Wolf PA, Benjamin EJ, Levy  D. Prevalence, incidence, prognosis and predisposing conditions for atrial fibrillation: population-based estimates. Am J Cardiol 1998; 82: 2N–9N
[2] Verdecchia P, Reboldi G, Gattobigio R, Bentivoglio M, Borgioni C, Angeli F, Carluccio E, Sardone MG, Porcellati C. Atrial fibrillation, in hypertension: predictors and outcome. Hypertension 2003; 41: 218–23

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