Artikel 12/12/2017

Schmerzen nach der Kreuzbandriss-OP: Was tun?

Team jameda
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Die vollständige Erholung bis zur uneingeschränkt schmerzfreien Sportfähigkeit nach einer vorderen Kreuzband-Operation ist ein Prozess, der im Durchschnitt 9 bis 12 Monate dauert. Das Ergebnis ist mit einer Erfolgsquote von ca. 90 % in der Regel sehr positiv.

Probleme, im Besonderen Schmerzen, können jedoch sowohl kurz- als auch langfristig auftreten. Die Wahrscheinlichkeit kann durch ein gut strukturiertes Reha-Programm und vor allem realistische Erwartungen bezüglich des Genesungsprozesses stark reduziert werden.

Ich will Ihnen hier einen kleinen Überblick geben, da die meisten Probleme nach VKB-Operationen gering und kurzlebig sind.

Was ist eine VKB-Rekonstruktion?

Bei der VKB-Rekonstruktion wird das gerissene vordere Kreuzband durch ein Transplantat ersetzt. Es wird fast immer aus dem eigenen Gewebe (Autograft) und nur sehr selten aus Spendergewebe entnommen. Seit neuerem wird auch ein ‘VKB-Bracing’ durchgeführt, das deutlich schmerzärmer ist, da keine Knochenkanäle gebohrt und kein Spendertransplantat verwendet werden muss.

Wenn eigenes Gewebe verwendet wird, entnimmt der Operateur entweder einen Teil der Patellasehne oder der Beinbeuger- oder der Quadrizepssehne. Daraus wird dann das neue Kreuzband rekonstruiert.

Welche Symptome können auftreten?

Frühzeitige Schmerzen an dieser Entnahmestelle sind fast nicht zu umgehen. Folgende Symptome können des Weiteren entstehen:

  1. Schwellung im Entnahmebereich: Sie kann bis zu drei Monate dauern. Reduzieren lässt sie sich durch den Einsatz der R.I.C.E.-Therapie (rest, ice, compression, elevation), eine Kombination aus Ruhe, Eistherapie, Hochlagerung und einer Kompressionsbandage.
  2. Schmerzen beim Knien: Bei der Verwendung der Patellasehne verursacht Knien oft Schmerzen nach der Operation. Das Problem kann aber in vielen Fällen schrittweise verbessert werden, indem zuerst ein Kissen, dann ein Teppich und schließlich der harte Boden verwendet wird. Sollten Sie beruflich einer vor allem knienden Tätigkeit nachgehen, ist es zu empfehlen, die Kniebeugesehen zu verwenden.
  3. Blutergüsse: Blutergüsse treten ab und an bis zur Ferse auf und können vier bis sechs Wochen andauern. Der Unterschenkel kann in Folge schmerzhaft verhärten, was sich in der Regel aber wieder zurückbildet. Als einfache Therapie hilft hier, das Bein hochzulegen und Kompressionsstrümpfe sowie Heparinsalben zu verwenden.
  4. Taubheitsgefühl: Taubheit um die Narben ist üblich, weil kleine Hautnerven um das Knie von den Einschnitten geschädigt werden. Dieses Phänomen verschwindet normalerweise nach einigen Monaten wieder, kann aber gelegentlich auch längerfristig bestehen bleiben. Taubheit verursacht aber weder Schmerzen noch funktionelle Probleme.

Normaler Verlauf der OP

Schmerzen sind nach einer VKB-Operation sowohl am Knie selbst als auch in der Umgebung des Transplantationsbereichs üblich. Gerade im Bereich des empfindlichen Schienbeins werden durch die Knochenbohrung Schmerzen auftreten.

Neben den oben beschriebenen Symptomen kommt es zu folgenden Erscheinungen, die normal und nicht zu vermeiden sind:

  • Knie-Schwellungen und leichte Überwärmung bis zu zwei Wochen
  • kleine Mengen blutiger Drainage
  • Bluterguss am Unterschenkel
  • Unterschenkelschwellung, einschließlich des Knöchels
  • leichte Temperaturerhöhung bis 38,5°C für sieben bis zehn Tage nach der OP
  • geringe Rötung an den Nahtstellen

Gründe, warum Sie in den ersten zwei Wochen nach der OP sofort Ihren Arzt kontaktieren sollten

  • Schmerzen in der Brust oder Kurzatmigkeit
  • Temperatur höher als 38,5°C
  • Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall
  • Schnitte öffnen sich
  • dicker, übelriechender gelber oder grünlicher Abfluss
  • erhöhte Schmerzen, die nicht durch Medikamente oder andere oben erwähnte Maßnahmen gelindert werden

Was sollten Sie in der ersten Zeit nach der OP tun?

Die ersten vier Wochen sind für ein erfolgreiches Ergebnis ausschlaggebend. Die folgenden Tipps sollen Ihnen helfen, auf ein hohes Sportniveau und zu einem sehr aktiven Lebensstil zurückzukehren.

Zu Hause sollte auf jeden Fall das oben genannte R.I.C.E.-Schema weiterverfolgt werden, eine Kombination aus Ruhe, Eistherapie, Hochlagerung und einer Kompressionsbandage. Am besten kühlen sie vier Mal täglich für jeweils zehn bis fünfzehn Minuten.

Indem Sie das Bein auf zwei bis drei Kissen oder aufgerollte Handtücher legen, können sich Schwellungen reduzieren und das Knie wieder frühzeitig vollständig strecken.

In den ersten ein bis zwei Wochen nach der Operation ist das wichtigste Ziel, das Knie wieder vollständig strecken zu können. Das ist anfangs viel wichtiger, als lange Strecken laufen zu können. Zu viel laufen führt dazu, dass das Knie anschwillt und schmerzt. Dadurch wird verhindert, dass es voll gestreckt wird. So kann sich die Kniekehle schnell unnötig verkürzen und vernarben. Es ist daher wichtig, eher die Beweglichkeit zu steigern, als „schnell“ vorwärts zu kommen.

Am Anfang empfiehlt es sich, Krücken zu verwenden, bis die Schwellung komplett zurückgegangen ist. Das braucht ca. eine Woche. Danach können sie schmerzadaptiert belasten. Benutzen Sie immer beide Krücken. Sollten auch Knorpel- und Meniskuseingriffe durchgeführt worden sein, ändert sich die Belastungsmaßgabe.

Wie soll ich mit den Schmerzen umgehen?

In den ersten 48-72 Stunden nach der Operation ist es wichtig, die Schmerzen und die Symptome genauestens zu beobachten. Dabei sollte der Schmerz unter Kontrolle gebracht werden, bevor ein sogenannter „Memory Pain“ auftritt.

Sie sollten in den folgenden beiden Wochen unbedingt Ihre Entzündungshemmer konsequent zusammen mit dem entsprechenden Magenschutz einnehmen. Das reduziert nicht nur den Schmerz, sondern auch die Entzündung und damit auch die Schwellung. Nehmen Sie zusätzliche Schmerzmittel nach Bedarf. Versuchen Sie, die Zeit zwischen den Dosen zu verlängern, wenn der Schmerz nachlässt.

Patienten, die versuchen, ‘nur bei Schmerzen Medikamente zu nehmen’, erleben später oft Muskelverkürzungen und Unbehagen. Sie brauchen deutlich länger, um wieder eine volle Bewegungsfreiheit zu erlangen. Ein schlechtes Schmerzmanagement in einem frühen Reha-Prozess schafft die Voraussetzungen für eine sehr negative und ängstliche Wahrnehmung des Schmerzes, die später das Vertrauen in die sportliche und berufliche Aktivität erschweren kann.

Je früher Sie schmerzfrei sind, desto früher können Sie mit der Physiotherapie beginnen. So erlangen Sie schneller Ihre Bewegungsfreiheit zurück und können vermeiden, dass sich Muskeln und Sehnen verkürzen. Dadurch würden chronische Kniekehlen- und Kniescheibenschmerzen entstehen.

Erlangen Sie frühe Bewegungsfreiheit!

Wenn der Schmerz früh gemeistert ist, kann und sollte ein Patient einen deutlichen Fortschritt in der Bewegungsfreiheit bemerken, ohne dass sie übermäßig schmerzhaft ist.

Beweglichkeitsarbeit ist ein zweischneidiges Schwert: Wenn Sie Beweglichkeit erzwingen, stoßen Sie auf Widerstand, wenn Sie jedoch locker lassen und im schmerzfreien Bereich arbeiten, werden Sie einen anhaltenden und beständigen Fortschritt erzielen. Diejenigen Patienten, die innerhalb der ersten vier Wochen einen vollen und symmetrischen aktiven Bewegungsbereich in Ausdehnung und Zusammenziehen erreichen, haben später deutlich weniger Schwierigkeiten mit Knieschmerz, chronischer Schwellung, abnormaler Gangmechanik und sekundären Komplikationen.

Die acht häufigsten Probleme nach der OP

Voraus ist eines zu vermerken: Bei einer Kreuzbandrekonstruktion kann die Sportfähigkeit im Gegensatz zu einem VKB-Bracing erst nach frühestens neun Monaten wiederhergestellt werden.

Im Folgenden sind die häufigsten Probleme und die entsprechenden Lösungen aufgezeigt:

  1. Mangel an Stabilität: Manchmal bietet das neue VKB-Transplantat nicht genug Stabilität, um komplett zur sportlichen Aktivität zurückzukehren. Das liegt in der Regel daran, dass das Band nicht in der optimalen Position verheilt ist. Eine dauerhafte leichte Instabilität kann hier zu Schmerzen führen. Maßgeschneiderte Reha-Programme und das Tragen einer ACL-Orthese können dabei helfen.
    Es kann aber auch sein, dass weitere stabilisierende Komponenten im Knie betroffen sind und nicht adressiert wurden oder die VKB-Rekonstruktion so operiert wurde, dass sie nicht alle Ebenen der Instabilität abdecken konnte. In diesem Fall sollte die Stabilität noch einmal untersucht werden, vor allem der anderen Bänder. In vielen Fällen wurde beispielsweise eine Verletzung des hinteren Kreuzbandes übersehen.
  2. Vorderer Knieschmerz: Die Patellarsehnenentzündung ist ein häufiger langwieriger Schmerzauslöser nach einer VKB-Operation. Sie entsteht häufiger, wenn die Patienten ein Patellasehnentransplantat hatten. Sie kann aber auch im Rahmen einer chronischen Entzündung hinter der Kniescheibe auftreten, die den Hoffa-Fettkörper schmerzhaft anschwillen lässt.
    Hier kann mit exzessiver Dehnung und Entzündungshemmern gearbeitet werden. Sollten die Beschwerden aber bleiben und die Bewegung stören, muss in den meisten Fällen arthroskopisch mobilisiert werden.
  3. Patellasehnenentzündung: Eine Patellasehnenentzündung kann mit einem Patellarsehnentransplantat auftreten, da das mittlere Drittel der Sehne entfernt wird, um daraus das neue Transplantat zu machen. Hier helfen Entzündungshemmer und Blutplasmatherapien.
  4. Knie-Steifheit oder -Schwäche: Steifheit ist ein häufiges Problem nach der VKB-Operation, insbesondere bei der Streckung. Wie oben erwähnt, kann dieses Risiko reduziert werden, indem zeitnah nach der OP keine Schmerzen mehr vorhanden sind und die Beweglichkeit gegeben ist. Sollte sie trotzdem eingeschränkt sein und muskulär kein Fortschritt erzielt werden können, so kann auch ein Fremdkörper das Knie blockieren. Oder das Kreuzband ist nicht optimal positioniert. Ein erneutes MRT kann die Gründe aufdecken. Eventuell ist eine Re-Arthroskopie notwendig, da die wenigsten mechanischen Probleme medikamentös oder physiotherapeutisch gelöst werden können.
  5. Re-Ruptur: Obwohl es extrem selten ist, kann das VKB-Transplantat in ein bis zwei Prozent der Fälle wieder ausreißen. Das neue Band ist sechs bis zwölf Wochen nach der Operation am anfälligsten.
  6. Arthrose: Jüngste Studien weisen auf ein erhöhtes Risiko hin, später im Leben eine Arthrose zu entwickeln. VKB-Verletzungen treten selten isoliert auf. Sie kommen oft in Kombination vor, wenn der Knorpel oder andere Kniepartien geschädigt sind. Der wichtigste Faktor, um eine Arthritis zu verhindern, ist daher die Stabilität und Kraft im Knie wiederherzustellen.
  7. Zyklopssyndrom: Beim sogenannten Zyklopssyndrom bilden sich aus bisher nicht eindeutig geklärter Ursache vermehrt Narben. Außerdem kommt es zu Einschlägen von Teilen des vorderen VKB-Transplantates, bei dem sich verdicktes Narbengewebe im vorderen Knieanteil ausbildet. Es klemmt sich ein. Dabei entsteht ein schmerzhaftes Streckdefizit. Es kann auch erst mehrere Monate nach der Operation entstehen.
    Dieser Fall kann in einem MRT einwandfrei nachgewiesen werden. Dann hilft nur eine erneute Arthroskopie, bei der der Zyklops entfernt werden muss. Sie kann aber glücklicherweise ambulant durchgeführt werden und zu einer schnellen Besserung der Symptomatik führen.
  8. Plicasyndrom: In jedem Kniegelenk gibt es Schleimhautfalten, die der Gelenkkapsel anheften. Die Verdickung dieser Schleimhautfalten entsteht meistens durch eine Entzündung und nennt sich Plica-Syndrom, wenn sie anfängt zu reiben. Es kann langfristig die Knorpel im entsprechenden Knorpelareal schädigen.
    Als Therapie bleibt auch hier meist nur eine erneute Operation, bei der das überschüssige verdickte Gewebe entfernt wird.

Zusammengefasst ist die VKB-Rekonstruktion ein standardisiertes Verfahren, das in den ersten zwei Wochen nach dem Eingriff schmerzhaft ist. Es sollte konsequent schmerztherapeutisch behandelt werden, um eine zügige Bewegungsfreiheit zu erlangen. Bei einem komplikationslosem Verlauf werden sich die Beschwerden ab diesem Zeitpunkt aber stetig verbessern.

Langzeitschmerzen entstehen hingegen in den meisten Fällen entweder durch eine Bewegungseinschränkung oder eine Entzündung. Sie lassen sich durch eine individuell angepasste OP-Technik und frühzeitige Übungen mit voller Streckung vermeiden.

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