Homosexualität ist eine positive und völlig "normale" Form menschlicher Sexualität, die definitiv keine psychotherapeutische Behandlung benötigt. Es ist wunderbar, wenn sich ein Mensch in einen anderen Menschen verliebt – und welches Geschlecht die beiden haben, ist aus sexualtherapeutischer Sicht unerheblich.
Was sind homosexuelle Zwangsgedanken?
Homosexuelle Zwangsgedanken sind etwas völlig anderes als Homosexualität. Hier geht es nicht um die Liebe zwischen zwei Menschen, die sich zueinander hingezogen fühlen. Vielmehr geht es um die Sorge eines einzelnen Mannes oder einer einzelnen Frau, mit der eigenen Sexualität könne etwas nicht stimmen. Und zwar obwohl sie zuvor nie ein lustvoll und positiv empfundenes Interesse für einen Menschen gleichen Geschlechts empfanden. Auch in der eigenen Biografie gibt es keinerlei Hinweise darauf.
Die ständig wiederholte Frage: "Bin ich schwul oder nicht? Bin ich homosexuell oder nicht? Bin ich lesbisch oder nicht?" dient nicht der sexuellen Lust, sondern wird zur ständigen Qual und Ungewissheit. Das kann so weit gehen, dass ich mich als Betroffener zu fragen beginne, ob ich meinen eigenen Partner überhaupt noch lieben kann.
Ein solches Denken hat nichts mit Sexualität zu tun, sondern gehört in den Bereich des Grübelzwangs, der nach den Kriterien der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10) nach folgenden Kriterien als eine Form der Zwangsstörung beschrieben wird:
- Die Zwangsgedanken werden als eigene Gedanken erlebt.
- Der Betroffene leistet gegen die Gedanken inneren Widerstand.
- Der Zwangsgedanke wird als unangenehm empfunden und nicht als lustvoll.
- Die Zwangssymptome wiederholen sich immer wieder und beschäftigen den Betroffenen mindestens zwei Wochen lang an den meisten Tagen.
Wie entstehen Zwangsstörungen?
Häufig tritt eine solche Zwangssymptomatik als Begleitsymptom einer mittelgradigen oder schweren depressiven Episode auf. Hier kommt es bei den Betroffenen zu einer Störung im Hirnstoffwechsel (insbesondere in Bezug auf den Neurotransmitter Serotonin) mit den Hauptfolgen:
- negatives, depressives Denken
- Antriebsarmut
- Verlust von Lebensfreude
- negative Zukunftserwartung
- suizidale Gedanken
Auch wenn eine Depression in erster Linie ein Problem der Biochemie ist, empfinden Betroffene die Depression nicht als körperliche Erkrankung, sondern als eine psychische Störung. Das endlose Nachdenken darüber "Warum geht es mir bloß so schlecht?" führt häufig zu vorschnellen Erklärungsmustern, die zwar kurzfristig Erleichterung schaffen, langfristig aber noch mehr in die Depression führen.
Zu solchen vorschnellen Erklärungen gehört auch der Gedanke: "Wenn es mir jetzt so schlecht geht und ich auch in meiner Partnerschaft keine Lebensfreude mehr empfinde: Könnte das dann nicht daran liegen, dass ich in Wirklichkeit homosexuell bin?"
Das wäre ein typisches Erklärungsmuster für homosexuelle Zwangsgedanken oder HOCD (Homosexual Obsessive Compulsive Disorder). So heißt die Störung im englischsprachigen Raum heißt, wo hierzu schon weit mehr Studien vorliegen als in Deutschland.
Sprechen Sie mit dem Arzt oder Therapeuten Ihres Vertrauens über das, was sie beschäftigt. (© mkrberlin - fotolia)
Welche Folgen können anhaltende Zwangsstörungen mit sich bringen?
Die schwerwiegendste Ausprägung dieser Zwangsstörung kann dazu führen, dass sich Betroffene oft stundenlangen Selbsttests unterwerfen (etwa durch das Ansehen von gay porn).
Ein solcher Pornokonsum geschieht dann nicht aus Freude. Er geschieht nur in der Hoffnung, nicht doch irgendein Anzeichen an sich zu entdecken, durch solche Pornos erregt zu werden. Und irgendwann kann sich dann eine Art Sucht nach solchen Selbsttests entwickeln: Obwohl die Pornos keinen Spaß machen, muss der Test wieder und wieder, oft sogar mehrmals täglich, gemacht werden.
Es liegt auf der Hand, dass solche Selbsttests nicht dazu führen können, aus der psychischen Zwangsstörung herauszukommen. Vielmehr verstärkt sich die Problematik so noch einmal um ein Vielfaches.
Wie können Zwangsstörungen behandelt werden?
Erfahrungsgemäß haben Zwangsgedanken ebenso wie Depressionen die Tendenz, ohne psychotherapeutische Behandlung mit der Zeit immer schwerwiegender zu werden. Deshalb ist es unbedingt wichtig, sich hier fachkundige Unterstützung im Rahmen einer Psychotherapie zu holen.
Und da liegt der positive Aspekt. Zwangsstörungen gelten – ebenso wie Depressionen – als gut und relativ schnell heilbar. In der Regel ist dazu ein gutes Zusammenwirken zwischen Psychotherapie und behandelndem Arzt erforderlich. Er kann die Therapie ggfs. durch entsprechende Medikamente (z. B. SSRI = Serotoninwiederaufnahmehemmer oder andere Antidepressiva) unterstützen.
Zwangsstörungen und Depressionen müssen definitiv nicht sein. Es ist unbedingt sinnvoll, hier die Initiative zu ergreifen und den Arzt bzw. Therapeuten eigenen Vertrauens auf die Problematik anzusprechen.
Dankeschön für den Artikel! Ich selbst war drei Jahre in therapeuthischer Behandlung und obwohl ich mit Absicht nie eine Diagnose bekommen habe, war es doch ein aufdringlicher Gedanke, der mir das Leben zur Hölle gemacht hat. Letztlich empfahl mir meine Therapeutin ein Buch über Zwangsgedanken, welches mir sehr half. Das alles stand und steht sehr im Kontext Beziehungen und bis heute mit 30 habe ich noch immer starke Schwierigkeiten mit Beziehungen. Für mich fängt es damit an, dass ich seit der Grundschule (und durch alle Klassen hinweg) immer die vermeintlich "Schönste" aus meiner Klasse suchte, um sie zu erobern. Dann mit 12 lernte ich ein Mädchen kennen, in welches ich mich bis 18 sehr verliebte. Vor allem gab sie mir das Gefühl, nicht genug zu sein und nach einigen Monaten einer unglaublich negativen Beziehung mit 18 beendete ich verletzt die Beziehung mit ihr. Kurz darauf startete ich eine dreijährige Beziehung mit einem Mädchen, in das ich mich niemals verlieben konnte, und traute mich all die Jahre nicht, die Beziehung zu beenden, um sie nicht zu verletzen. Dabei entstanden auch meine aufdringlichen Gedanken, mir ging es sehr schlecht mit ihr, obwohl sie sehr lieb war. Seitdem hatte ich zwei Beziehungen in denen ich über Monate täglich Sodbrennen hatte, ohne es zu verstehen. Die Beziehungen habe ich beendet und mich auf sexuelle Abenteuer beschränkt, die aber auch nicht erfüllend sind, bis auf den Adrenalinrausch beim Kennenlernen. Nun habe ich mich nach Jahren (bin nun 29) eine Beziehung begonnen und habe zwar kein Sodbrennen, aber seit 8 Monaten jeden Tag einen angespannten Bauch und fühle mich unmotiviert. Als ich sie kennen lernte fand ich sie einfach nur sehr, sehr anziehend und nach ein paar Wochen wusste ich, dass es für mich auf mehr hinauslaufen würde. Genau in diesem Moment fing das Bauchempfinden an. Nun denke ich, dass ich gar nicht mehr weiß, ob ich irgendwas für sie empfinde und auch meine Lust nach Sex mit ihr ist sehr stark geschwunden. Am liebsten habe ich Sex mit ihr nachdem ich sie einige Tage nicht getroffen habe. Richtig gemütlich kann ich mich mit ihr nicht fühlen und ich weiß, dass es nicht an ihr liegt. Wir verstehen uns sehr gut und grundsätzlich finde ich sie noch immer sehr attraktiv. Wenn ich nun aber daran denke, wie wohl ich mich mit meinen männlichen Freunden fühle, wie gelassen und entspannt, frage ich mich quälend und tagelang, ob ich eigentlich schwul bin und bin total irritiert. Seit klein an (schon mit 5) fand ich mich von Frauen sehr angezogen und mit etwa 12 war es komplett sexuell. Niemals hatte ich Neigungen zu Männern oder zu meinen engsten männlichen Freunden. Aber so wohl, wie mit meinen männlichen Freunden konnte ich mich nie mit einer Frau fühlen. Mein Bauchempfinden mit meiner aktuellen Freundin sind sehr stark zurückgegangen. Dennoch habe ich oft so starke negative Gefühle, dass ich an dem Tag keine Konzentration für nichts finde und grundsätzlich eher unmotiviert bin. Der Gedanke daran die Beziehung zu beenden, kann mich sehr euphorisch machen. Endlich wieder motiviert fühlen, endlich wieder Abenteuer mit Frauen und die Aufregung empfinden. ABER niemals eine echte Beziehung mit jemandem haben und einen schönen Menschen verlieren, der mich sehr unterstützt. Oder bin ich einfach schwul? So meine tägliche, stündliche Gedankenspirale...