Sie denken, Syphilis gibt es nicht mehr? Das stimmt leider nicht: Laut Robert-Koch-Institut sind die diagnostizierten Fälle in kürzester Zeit um 65 % angestiegen. Lesen Sie hier, woher Syphilis kommt, wie man sich ansteckt, wie die Symptome aussehen und wie Sie sich schützen können.
Definition und Ursache
Die Syphilis, auch Lues oder harter Schanker genannt, ist eine sexuell übertragbare Infektionskrankheit. Das Bakterium Treponema pallidum, wird durch Schleimhautkontakt von Mensch zu Mensch übertragen und dringt während des Geschlechtsverkehrs durch winzig kleine Risse der Haut oder Schleimhaut in den Körper ein.
Die Hautgeschwüre der Syphilis-Patienten beinhalten eine Flüssigkeit, die sehr ansteckend ist, und den Erreger schnell übertragen kann. Während der Schwangerschaft kann auch der Embryo infiziert werden, wenn die Mutter erkrankt ist.
Syphilis wird immer häufiger
Forscher vermuten, dass die Syphilis aus Amerika nach Europa eingeschleppt wurde, als Christophorus Kolumbus die neue Welt entdeckte. Die erste bekannte Syphilis-Epidemie breitete sich 1495 in Neapel aus, zwei Jahre nachdem Kolumbus von seiner ersten Amerika-Reise zurückkehrte.
Obwohl Syphilis im 20. Jahrhundert durch die Entdeckung von Antibiotika deutlich zurückgegangen war, tauchen seit den 1990er Jahren wieder mehr Fälle auf. Laut Robert-Koch-Institut wurden in Deutschland immer mehr Neuerkrankungen gemeldet:
Jahr
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Syphilis-Neuerkrankungen in Deutschland
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2012
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4.410
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2013
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5.017
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2014
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5.722
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2015
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6.834
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Über 85 % der Patienten sind Männer. Vor allem Homosexuelle infizieren sich immer häufiger. Die Anzahl der erkrankten Frauen und heterosexuellen Männer ist dagegen über die Jahre stabil geblieben.
Symptome: Von Schleimhautgeschwüren bis Halluzinationen
Die Krankheit ist vielfältig, verläuft oft chronisch und zieht mehrere Organe in Mitleidenschaft.
Wie das Krankheitsbild aussieht, hängt vom jeweiligen Stadium ab. Zwischen den Stadien gibt es symptomlose Phasen, auch Latenzphasen genannt. Sie können lang dauern und den Anschein erwecken, dass der Patient geheilt ist. Aber in dieser Zeit vermehrt sich der Erreger und greift ein Organ nach dem anderen an.
Die richtige Therapie unterbricht den Verlauf der Erkrankung, so dass Spätstadien heutzutage sehr selten sind. Ohne Behandlung verläuft Syphilis folgendermaßen:
Stadium I
Die ersten Anzeichen machen sich drei bis vier Wochen nach der Ansteckung bemerkbar. Im ersten Stadium leidet der Patient unter schmerzlosen, geröteten Schleimhautgeschwüren mit verhärteten Randbereichen. Sie enthalten eine farblose Flüssigkeit und sind an der Eintrittsstelle des Erregers zu beobachten, wie zum Beispiel am Penis, an den Schamlippen oder an der Scheide, am Mund, am Rachen oder am After.
Weil die farblose Flüssigkeit viele Syphilis-Erreger enthält, ist der Patient in diesem Stadium sehr ansteckend.
Ein bis zwei Wochen nach den ersten Symptomen machen sich schmerzlose Lymphknotenschwellungen bemerkbar. Nach ungefähr vier bis sechs Wochen bilden sich die Geschwüre ohne Behandlung zurück.
Im weiteren Verlauf der Syphilis machen sich grippeähnliche Symptome bemerkbar (© 4774344sean_iStock)
Stadium II
Acht Wochen nach der Ansteckung äußert sich Syphilis mit grippeähnlichen Symptomen, wie zum Beispiel:
- Müdigkeit und Abgeschlagenheit
- Fieber
- Hals-, Glieder-, Gelenk-, Muskel- oder Kopfschmerzen
- Schleimhautentzündungen
- Lymphknotenschwellungen
- Übelkeit
- Erbrechen
- Appetitverlust
Nach zwei Wochen bemerken die Patienten oftmals einen Hautausschlag, der anfangs aus rötlich gefärbten Flecken besteht, die sich später in kupferfarbene Knötchen verwandeln. Manchmal tritt auch Haarausfall auf. Danach kommt es zu einem langanhaltenden Stillstand der Erkrankung.
Stadium III
Drei bis fünf Jahre nach der Ansteckung hat sich der Erreger im ganzen Körper ausgebreitet und befällt die Luft- und Blutwege, den Rachen, die Speiseröhre, den Magen, die Leber, die Knochen und die Muskeln erneut mit infektiösen Knoten, den sogenannten Gummen.
Das sind Gewebeneubildungen, die aus einer Kapsel aus weißen Blutkörperchen, sowie Fress- und Epithelzellen bestehen. Die Kapsel bildet sich rund um das abgestorbene Gewebe und führt je nach Lokalisation zu Leberentzündungen oder einer geschädigten Nasenscheidewand.
Stadium IV
Zehn bis zwanzig Jahre später, im Endstadium der Syphilis, zerstört der Erreger sogar das zentrale Nervensystem und sorgt für gravierende Komplikationen. Das Stadium IV wird auch ,,Neurosyphilis‘‘ genannt. Die Folgen sind:
- neurologische Störungen
- Hirnentzündungen, die zur Demenz führen
- Abbau der intellektuellen Fähigkeiten und Sprachstörungen
- Wahrnehmungs-, Hör- und Sehstörungen
- Lähmungen
- Verlust der Reflexe
- Gefühlsstörungen
- Persönlichkeitsveränderungen
- Halluzinationen
- Kreislauf-, Gelenk- und Knochenschäden
Der Rückenmarkbefall führt zu blitzartigen Schmerzen in den Beinen und im Bauch, Gangstörungen, Blasenentleerungsstörungen, Impotenz und Pupillenstarre.
Eine lebensbedrohliche Komplikation ist der Befall und die Entzündung der Hauptschlagader, die nun reißen kann und zum Tod durch inneres Verbluten führt.
Ohne Behandlung stirbt der Patient an der Syphilis.
Mit einem Bluttest kann Gewissheit über den Verlauf der Krankheit gestellt werden (©fotolia-92161608-Schonertagen)
So stellt der Arzt die Diagnose
Die Diagnose basiert auf dem Nachweis von Antikörpern. Bei einem Schnell- oder Suchtest wird das Blutserum des Patienten mit Blutkörperchen gemischt, die markierte Erreger enthalten. Ist der Patient infiziert, verklumpt das Blut. Das passiert allerdings auch bei einer ausgeheilten Syphilis.
Darüber hinaus kann der Test bei einer Neuansteckung negativ ausfallen, weil das Abwehrsystem noch keine Antikörper gebildet hat. Deswegen sollte der Test bei Verdacht in ein- bis zweiwöchigen Abständen wiederholt werden.
Fällt der Suchtest positiv aus, folgt ein Bestätigungstest. Ist auch er positiv, bestimmt der Arzt die nötige Therapie.
Der Erreger kann auch direkt nachgewiesen werden, indem Flüssigkeit aus einem Haut- oder Schleimhautgeschwür unter dem Mikroskop untersucht wird. Bei Verdacht auf Neurosyphilis nimmt der Arzt die Flüssigkeit, die das Gehirn und das Rückenmark umgibt, genauer unter die Lupe.
Erfolgsraten der Antibiotika-Therapie
Die Syphilis ist mit Antibiotika heilbar. Der Patient erhält in den Frühstadien zehn bis 14 Tage lang, in späteren Stadien zwei bis drei Wochen lang Penizillin. Im Endstadium wird das Penizillin stationär und intravenös verabreicht.
Bei einer Penizillin-Allergie weicht der Arzt auf andere Antibiotika aus, wie zum Beispiel Tetrazykline, Makrolide oder Cephalosporine. Allerdings kann die Behandlung bereits entstandene Organschäden nicht rückgängig machen.
Während der Behandlung sollte der Geschlechtsverkehr vermieden werden. Der Partner oder die Partnerin sollte sich auch untersuchen lassen.
Mögliche Nebenwirkungen der Antibiotikatherapie sind Fieber, Schüttelfrost, Hautausschläge oder Kopf- und Muskelschmerzen, die wenige Stunden nach dem Behandlungsbeginn auftreten können. Die Reaktion wird durch Gifte verursacht, die die sterbenden Erreger freisetzen. Kortisonpräparate verschaffen den Patienten allerdings Linderung.
Nicht alle Syphilispatienten werden mit Antibiotika geheilt. Die Therapie schlägt nicht an bei:
- 6,9 - 22,4 % der Patienten mit Frühsyphilis
- 19,4 - 31,1 % derjenigen, die unter Spätsyphilis leiden
- 27,3 - 27,8 % der Neurosyphilis-Patienten
Nach der Therapie sollten alle Betroffenen dreimal pro Jahr erneut untersucht werden.
Wenn Sie erkrankt sind, sollten Sie sich unbedingt auch auf andere sexuell übertragbare Erkrankungen untersuchen lassen, wie zum Beispiel AIDS oder Gonokokken.
Nur mit geschützem Geschlechtsverkehr mit Kondomen ist man am besten vor einer Ansteckung geschützt (© drubig-photo - fotolia)
Wie Sie vorbeugen können
Experten des Robert-Koch-Instituts vermuten, dass wir eine Zeit der ,,Kondommüdigkeit‘‘ erleben. Aber diese Verhütungsmethode ist der beste Schutz vor Syphilis. Und natürlich verhindern Sie so auch den Ausbruch anderer Geschlechtskrankheiten.
Eine Syphilis-Infektion begünstigt eine Ansteckung mit AIDS, denn die Syphilis-Geschwüre machen Haut und Schleimhäute durchlässiger für das HI-Virus. Unterschiedliche sexuell übertragbare Erkrankungen können gemeinsam auftauchen und erhöhen das Übertragungsrisiko.
Darüber hinaus ist die frühzeitige Diagnose und Therapie ausschlaggebend. Bei einem Verdacht auf Syphilis sollten Sie sich so bald wie möglich untersuchen lassen und eine effektive Therapie beginnen. Abwarten ist nicht ratsam, weil zwischen den Verlaufsstadien lange Latenzphasen eintreten, die fälschlicherweise den Eindruck der Heilung erwecken.
Fazit
Syphilis ist längst nicht Geschichte. In den letzten Jahren werden immer mehr Fälle in Deutschland gemeldet, insbesondere bei homosexuellen Männern. Wie man Syphilis bekommt, lässt sich leicht auf den Punkt bringen: Die Erkrankung wird durch Schmierinfektion während des Geschlechtsverkehrs übertragen und äußert sich in vier Stadien, die durch längere, symptomlose Latenzphasen unterbrochen werden. Dadurch haben die Betroffenen den Eindruck, sie seien geheilt. Der Erreger arbeitet aber weiter und breitet sich auf alle möglichen Organe aus. Unbehandelt führt Syphilis zum Tod. Die Therapie mit Antibiotika hilft den meisten Patienten und unterbricht der Krankheitsverlauf. Je früher die Therapie beginnt, desto höher sind die Heilungschancen.
Links
Informationen des Robert Koch-Instituts über Syphilis
Informationen des Robert Koch-Instituts über sexuell übertragbare Erkrankungen
Informationen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu den Themen Sexualaufklärung und Familienplanung
Quellen:
Gut erklärt aber man steckt sich nicht mit AIDS an, sondern mit HIV. Wenn man den Unterschied nicht kennt, sollte man nicht über Geschlechtskrankheiten schreiben.