Artikel 10/11/2016

Ärztliches Handeln im Praxisalltag - Grenzsituationen

Team jameda
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Wahrscheinlich ist Vieles schiefgelaufen, wenn nach einem Sprechstundenbesuch weder Arzt noch Patient brauchbare Ergebnisse vorweisen können. Denn das ist doch der Sinn der „Sprechstunde“ -der Patient spricht und der Arzt hört zu. Das Gegenteil ist jedoch oft der Fall und zurück bleiben Ratsuchende, deren Probleme ungehört und deren Fragen unbeantwortet bleiben.

In überlaufenen Arztpraxen mit nur minutenlangen Kontaktzeiten ist das oft der Fall. Was folgt, sind wiederholte Konsultationen, um „nachzuhaken“. Das Ergebnis ist bekannt und nach vorherrschender Meinung bereits ein Riesenproblem: Patienten gehen viel zu oft zum Arzt!

Wie verhält sich ein Arzt richtig?

Allerdings ist richtiges ärztliches Handeln ganz simpel: zuhören, nachfragen, untersuchen, nachdenken, beraten, behandeln - und kontrollieren. Klar, dass das Zeit kostet.
In der ärztlichen Praxis muss auch auf Unausgesprochenes geachtet werden, denn nicht jeder Patient hat ein unkompliziertes Verhältnis zu sich selbst, zu vertraulichen Gesprächen und zu Interventionen durch andere.

Also allen Leitlinien und schulmedizinischen Prinzipien zum Trotz darf nicht jedem Patienten abverlangt werden, sich auf das einzulassen, was die Medizin des 21. Jahrhunderts ihm oder ihr zugutekommen lassen möchte. Ärzte müssen respektieren, dass manche Menschen gerne ungesunde Lebensweisen pflegen, kein Gardemaß ausweisen möchten und weniger Wert darauflegen, 90 Jahre alt zu werden oder dem Idealtypus zu entsprechen.

Wenn dann aber doch einmal der Fall eintritt, dass jemand (s)ein angesprochenes Gesundheitsproblem richtig ernst nimmt, darf sein Arzt ihn nicht enttäuschen. Von diesem wird erwartet, dass er anspricht, welche Wege zum Ziel führen könnten und was im Endeffekt für den Behandelten daraus resultiert. Wenn dann beide - Patient und Arzt - diesen Weg gehen, muss die Geschichte zu Ende erzählt werden:

  • Wird das anvisierte Behandlungsziel erreicht?
  • Welches sind die Gründe, dass es möglicherweise nicht erreicht wird?
  • Kann ein Ende der Behandlung in Aussicht gestellt werden?

Sehr differenziert muss eine statistische Besonderheit bei ärztlichen Therapien betrachtet werden: die NNT (number needed to treat bzw. Anzahl der notwendigen Behandlungen). Als Beispiel die Frage, ob allen Bluthochdruck-Patienten durch regelmäßige Einnahme verlässlicher, korrekt dosierter Tabletten wirklich geholfen wird. Oder die Frage, ob sich alle Patienten mit schwerer Gelenkarthrose durch die Implantation eines künstlichen Gelenkes effektiv verbessern.

Oder: Profitiert jeder Diabetiker davon, dass seine Blutzuckerwerte in mustergültige Normen gepresst werden? Hier ist Augenmaß gefragt: bei der Einschätzung der Bedürfnisse der Patienten und bei der Bewertung medizinischer Therapien. Letztlich erfordern ernstgemeinte Begegnungen zwischen Ratsuchenden und Ratgebenden in einer ärztlichen Praxis ein Minimum an Zeit, Kommunikationsfähigkeit und psychologischem Spürsinn.

Die Realität sieht oft anders aus: Nach durchschnittlich weniger als zehn Sekunden werden die Ausführungen der Patienten vom Arzt unterbrochen, nach wenigen Minuten ist die Sprechstundenzeit vorbei und über die Ergebnisse bestimmter Untersuchungen wird der Patient nicht richtig informiert. Als Folge resultieren unnötige Doppeluntersuchungen, Verzögerungen bei Entscheidungen und Vertrauensverluste beim Patienten.

Fazit

Generelle Verbesserungen dieser strukturellen Missstände bleiben ein Wunschtraum, solange ärztliche Sprechstunden weiterhin durch nicht medizinisch begründete Anlässe überfrachtet werden und gesetzlich vorgeschriebene Abrechnungsbedingungen Ärzte und Patienten eher zu Gegnern als zu Vertrauten machen.

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