Artikel 09/05/2025

Was der Körper wirklich braucht – jenseits von Kalorien und Kontrolle

Dr. Jasmin Benser Heilpraktikerin für Psychotherapie
Dr. Jasmin Benser
Heilpraktikerin für Psychotherapie

Wir leben in einer Welt, in der Zahlen oft mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird als den eigentlichen Bedürfnissen. Kalorien-Tracker, Schrittzähler, Mikro- und Makronährstoff-Listen – es scheint, als ließe sich das Wohlbefinden unseres Körpers in Ziffern und Tabellen messen. Doch je mehr wir versuchen, unseren Körper zu optimieren, zu kontrollieren, desto weiter entfernen wir uns manchmal von dem, was er wirklich braucht: Verbundenheit und Sicherheit.
Was also braucht ein Körper jenseits von Kalorien und Kontrolle? Was nährt uns wirklich – körperlich, emotional, seelisch?

Foto mit Teller, Erbsen, Maßband und Anstoßen

Was bedeutet es, den Körper wirklich zu spüren?

Viele Menschen mit Essstörungen haben den Kontakt zum eigenen Körper verloren. Hunger und Sättigung werden nicht mehr zuverlässig wahrgenommen, sondern durch Regeln ersetzt. Statt im Außen nach Halt zu suchen ist es Zeit inne zu halten: den Atem wahrnehmen, Wärme oder Enge bemerken. Das ist nicht immer angenehm – gerade bei Trauma oder langem Essverzicht kann das Körpererleben bedrohlich wirken. Doch es ist auch der Weg zurück zu sich selbst. Verfahren, die den Körper einbeziehen wie Somatic Experiencing oder Achtsamkeitsübungen helfen dabei, diesen Zugang sanft und sicher wiederzuentdecken.

Wie fühlt sich echte Selbstfürsorge an?

Was brauche ich gerade wirklich? Vielleicht ist das ein warmes Bad. Ein nahrhaftes Essen. Eine Umarmung. Oder Ruhe. Wer gelernt hat, die Bedürfnisse des Körpers zu ignorieren, muss oft erst wieder lernen, ihnen zuzuhören – ohne Schuld, ohne Druck – und lernen, ihnen zu vertrauen.

Warum ist Kontrolle oft ein Schutzmechanismus?

Hinter strenger Kontrolle über Essen, Bewegung oder Gewicht steckt oft der Wunsch nach Sicherheit. Die Zahlen der an Essstörungen erkrankten Kinder und Jugendlichen steigen seit Beginn der Corona-Pandemie. Gerade in dieser Zeit gab es wenig Handlungsspielraum. Weder was unterstützende Räume und Menschen betraf, noch was andere Coping-Strategien bei Stress anging. In einer Welt, die sich unsicher anfühlt, wird die Kontrolle über den Körper häufig zur letzten Bastion.
Diese Kontrolle aufzugeben, kann Angst machen. Sie durch Vertrauen zu ersetzen, braucht Zeit. Therapeutische Begleitung kann helfen, diesen inneren Schutzmechanismus zu würdigen, ihn aber auch Stück für Stück zu verwandeln.

Was nährt Körper und Seele wirklich?

Nahrung ist mehr als Kalorien. Sie ist Erinnerung, Kultur, Beziehung. Ein duftender Eintopf, wie ihn die Oma gekocht hat. Das erste Grillen im Sommer. Das Raclette zu Sylvester. Der Geburtstagskuchen, den jemand für uns backt. Der Körper erinnert sich – nicht nur an den Nährstoffgehalt, sondern an das Gefühl, versorgt, verbunden, willkommen zu sein.

Wie können Eltern und Bezugspersonen Kinder dabei unterstützen?

Eltern und Bezugspersonen sind wichtige Vorbilder. Wenn wir vorleben, dass der Körper ein wertvoller, empfindsamer und zugleich kraftvoller Ort ist, an dem man sich sicher fühlen darf, geben wir unseren Kindern die vielleicht wichtigste Ressource mit. Es braucht nicht perfekte Ernährung, sondern echte Präsenz: beim gemeinsamen Essen, beim Reden über Gefühle, beim Mut, auch Schwächen zu zeigen. Und beim Vertrauen darauf, dass der Körper mehr weiß, als wir manchmal denken.


Fazit:
Der Körper ist ein lebendiges Wesen – mit einer eigenen Sprache, einer tiefen Weisheit, einem feinen Gespür dafür, was Leben wirklich bedeutet. Und wenn wir ihm zuhören, jenseits aller Zahlen und Pläne, beginnt eine neue Beziehung. Eine, die nährt.

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