Artikel 20/01/2019

Tako Tsubo: So funktioniert die Behandlung in der Psychokardiologie

Dipl.-Psych. Sabine Wery von Limont Psychologischer Psychotherapeut, Psychologe
Dipl.-Psych. Sabine Wery von Limont
Psychologischer Psychotherapeut, Psychologe
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Eine japanische Tintenfischfalle heißt Tako Tsubo. Sie ähnelt einer herkömmlichen Vase. Es ist ein Gefäß aus Ton, unten etwas bauchig, nach oben hin zulaufend, ähnlich eines Flaschenhalses. Der Tintenfisch soll hineinschwimmen und darin stecken bleiben, was er auch macht.

Das ist erwähnenswert, weil Kardiologen Anfang der 1990er Jahre in einer japanischen Klinik den Brustkorb einer Patientin untersuchten und ihr Herz merkwürdig verformt vorfanden. Es sah nicht mehr aus wie ein übliches Herz, sondern glich eben dieser Tako Tsubo.

Der Herzmuskel war ballonartig aufgebläht und das Blut konnte nicht mehr abfließen. Die Patientin kam in die Klinik mit Verdacht auf einen Herzinfarkt. Zumindest zeigte sie die klassischen Symptome:

  • Atemnot
  • Gefühl der Brustenge
  • Herzrasen
  • Vernichtungsschmerz

Es wirkte daher als klare und eindeutige Diagnose. Erst ein Ultraschall und ein Herzkatheter zur Absicherung der Diagnose zeigte völlig intakte Herzkranzgefäße. Diese wären bei einem Herzinfarkt üblicherweise in ihrer Leistungsfähigkeit (Durchlassfähigkeit) eingeschränkt. Auffällig war jedoch, dass das Herz an der Spitze auffällig geweitet war.

Tako-Tsubo-Kardiomyopathie ist kein Einzelfall

Als die Patientin später befragt wurde, stellte sich heraus, dass sie vor dem vermeintlichen Herzinfarkt einen Trauerfall verkraften musste. Die Ärzte fragten sich, ob psychischer Stress derart auf ihr Herz eingewirkt hatte, dass es sich so verformen konnte?

Der Fall wurde damals als „Tako-Tsubo-Kardiomyopathie“ beschrieben und stellt keinen Einzelfall dar. Heute sind Tako-Tsubo-Infarkte eher unter dem Begriff „Broken-Heart-Syndrom“ bekannt.

Statistiken zufolge besteht bei ca. 2 % aller Herzinfarktpatienten ein Tako-Tsubo-Syndrom als Ursache der Beschwerden.

Biochemische Abläufe bei der Stress-Kardiomyopathie

Übeltäter sind die Stresshormone. Diese können bei unterschiedlich belastenden Situationen ausgeschüttet werden. Auch durch psychischen Stress, den Menschen nach belastenden
Ereignissen, wie beispielsweise einem Todesfall, einer Trennung vom Partner, einer massiven Kränkung oder Ähnlichem erleben.

Die linke Herzkammer verfügt über sehr viele Rezeptoren für „Katecholamine“. Dazu zählen u. a. Adrenalin und Noradrenalin. In Stress-Situationen ist das Blut voll mit diesen Stoffen. Sie können das Herz so sehr reizen, dass es verkrampft.

Möglich ist zudem, dass die Stresshormone den Kalziumhaushalt im Herzen stören. Kalzium ist ein wichtiger Baustein der Knochensubstanz. Es ist jedoch auch als Taktgeber im Herzen wichtig. Wird die Arbeit des Herzens gestört, gerät es aus dem Rhythmus und kann verkrampfen.

Das hat zur Folge, dass sich die betroffene Herzkammer aufbläht.

Was kann man jetzt tun?

Die Auseinandersetzung mit den auslösenden Stressfaktoren und ihrer Verarbeitung ist in der Behandlung eines Tako-Tsubo entscheidend. Patienten gehen vorranig von einem körperlichen Krankheitsbild aus. Wir neigen dazu, körperliche Symptome ernster als seelische zu nehmen.

Erst wenn die Beschwerden nicht durch körperliche Auslöser zu erklären sind, werden Aspekte der Psychokardiologie mit in Betracht gezogen. Patienten kommen häufig nach einer langen Odyssee kardialer Untersuchungen und Eingriffe in die Behandlung.

Es wäre wünschenswert, dass Kardiologen und Internisten schneller und gegebenenfalls häufiger eine ganzheitliche Betrachtung kardialer Symptome anstreben. Und auch Patienten selbst sollten einmal aus psychosomatischer Sicht auf belastende Symptome und Lebensereignisse blicken.

Unser Körper ist die Bühne, auf der sich eine belastete Seele darstellt.

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