Artikel 18/02/2018

Parodontitis: Wann ist eine Operation notwendig? Wie läuft der Eingriff ab?

null Tobias Fuchte Zahnarzt
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Zahnarzt
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Die Parodontitis (oft auch Parodontose genannt) ist eine durch Bakterien hervor gerufene chronische Zahnfleischentzündung, die zur Ausbildung von Zahnfleischtaschen und Abbau des Zahnhalteapparates und Knochens führt. Unbehandelt kommt es zu Rückgang des Zahnfleisches, Lockerung von Zähnen oder sogar Zahnverlust.

So funktioniert die Basistherapie der Parodontitis

Die Behandlung chronischer Zahnfleischerkrankungen (Parodontitis) gliedert sich in mehrere Schritte auf.

Am Anfang stehen die Aufklärung des Patienten über die Ursachen der Erkrankung und die Anleitung zur Verbesserung der häuslichen Mundhygiene. Außerdem werden die bereits entstandenen Zahnfleischtaschen vermessen und die Tiefe der Taschen dokumentiert.

Um die Entzündung zu stoppen, gilt es, die verursachenden Bakterien und Beläge gründlich von den Zähnen und aus den Zahnfleischtaschen zu entfernen.

Anfänglich werden die gut erreichbaren „sichtbaren“ Bereiche im Rahmen einer professionellen Zahnreinigung gesäubert. Die Reinigung der eigentlichen Zahnfleischtaschen erfolgt unter örtlicher Betäubung mit feinen Instrumenten („geschlossene Kürrettage“). Bei schwereren Verläufen werden unter Umständen begleitend Antibiotika verschrieben.

Nach dieser Basistherapie lässt man dem Gewebe Zeit, sich zu regenerieren. Das dauert zwischen zwei und drei Monaten. Danach vermisst der Zahnarzt erneut die Taschen, vergleicht die Werte mit den ursprünglichen Daten und plant das weitere Vorgehen.

Chirurgische Phase als zusätzliche Maßnahme

Besonders bei tieferen Taschen kann es vorkommen, dass die beschriebene Basistherapie trotz guter Mitarbeit des Patienten und optimaler häuslicher Mundhygiene nur zu einer teilweisen Besserung geführt hat.

Der Grund sind Bakterienbeläge, die in schwer erreichbaren Nischen auf der Wurzeloberfläche zurück geblieben sind. Das würde langfristig zu einer erneuten Verschlechterung und zu einem weiteren Abbau des Zahnhalteapparates führen.

In diesen Fällen ist ein zusätzlicher chirurgischer Eingriff zu überlegen, um so durch Sichtbarmachen der Wurzeloberflächen eine bessere Reinigung zu erzielen, ggf. erkranktes Gewebe zu entfernen und regenerative Verfahren anwenden zu können.

Chirurgische Darstellung und anschließende Reinigung der Wurzeloberflächen

Unter örtlicher Betäubung öffnet der Zahnarzt die Zahnfleischtaschen, löst das Zahnfleisch vorsichtig und legt die Wurzeloberflächen frei.

Wurzeleinziehungen oder der Bereich, in dem sich die einzelnen Wurzeln des Zahns aufteilen, sind durch die geschlossene Zahnreinigung kaum zu erreichen und bilden dadurch Nischen für Bakterien und Beläge. Durch die Darstellung dieser Bereiche kann auch hier gründlich gereinigt werden.

Unter Sicht können nun noch verbliebene Beläge erreicht und entfernt und die Oberflächen gründlich gesäubert und geglättet werden.

Resektive Verfahren

Bei resektiven Verfahren wird im Verlauf der Operation überschüssiges und entzündetes Zahnfleisch teilweise entfernt und so die Tasche verkleinert. In einigen Fällen kann auch der Knochen modelliert und geglättet werden, um so eine bessere Anlagerung des Zahnfleisches zu ermöglichen.

Regenerative Verfahren

Ist durch die Parodontitis bereits Knochen verloren gegangen, kann bei kleineren und lokalisierten Defekten eine regenerative Behandlung sinnvoll sein. Damit soll eine Wiederherstellung (Regeneration) des Zahnhalteapparates ermöglicht werden.

Nach der chirurgischen Darstellung und Reinigung der Wurzeloberflächen wird dazu ein Gel mit Wirkstoffen, die eine Knochenneubildung und neue Anheftung der Zahnhaltefasern an die Wurzel ermöglichen, so genannte Schmelz-Matrix-Proteine, auf die Wurzeloberfläche und in die gereingten Bereiche eingebracht.

Bei größeren Defekten können sie auch mit eigenem Knochen aus einer anderen Region (z.B. dem hinteren Kieferbereich) oder einem Knochenersatzmaterial aufgefüllt werden.

Dieses Material wandelt der Körper nach und nach in neuen Knochen um.

Zum Schutz wird in einigen Fällen eine Membran aufgelegt, die verhindern soll, dass Bindegewebe zu schnell und unkontrolliert in die Tiefe wächst. Die Ausbildung neuer Haltefasern und einer Heilung des Zahnhalteapparates benötigt Zeit. In dem durch die Membran geschaffenen Hohlraum kann sich nun das Gewebe ungestört wieder aufbauen.

Diese regenerativen Verfahren sind allerdings nur erfolgreich, wenn der entstandene Knochenverlust noch nicht zu groß ist. Lokalisierte Knochendefekte an einwurzeligen Zähnen oder auch Defekte an den Wurzelaufteilungen mehrwurzeliger Zähne können auf diesem Weg behandelt werden. Welches Verfahren angewandt werden kann, richtet sich nach Größe, Form und Ort des Knochendefekts.

Wundversorgung und Verhalten nach der Operation

Das Zahnfleisch wird am Ende der Operation wieder dicht an die Zahnwurzeln gelegt und vernäht.

Der Operationsbereich muss jetzt für ca. zwei bis vier Wochen besonders geschont werden und sollte nicht mit Zahn- oder Interdentalbürsten gereinigt werden, um die Wundränder nicht zu verletzen. Ihr Zahnarzt verschreibt Ihnen für diesen Zeitraum reinigende und desinfizierende Spüllösungen. Außerdem sollten engmaschige Kontrollen und Reinigungen in der Praxis vereinbart werden.

In den ersten Tagen nach der Operation kann es in einigen Fällen im Bereich des Eingriffs zu Schwellungen, manchmal auch zu Schmerzen kommen. Ihr Zahnarzt wird Ihnen ein Schmerzmittel verschreiben.

Nach der Behandlung könnten Sie bemerken, dass das Zahnfleisch optisch weiter zurückgegangen ist und die Zähne länger wirken. Dabei handelt es sich aber nicht um einen weiteren Verlust des Zahnhalteapparates, sondern lediglich um die Verkleinerung der Zahnfleischtaschen durch Entfernung von entzündetem Gewebe und Straffung des Zahnfleisches durch den Entzündungsrückgang. Aus diesem Grund werden chirurgische Verfahren auch größtenteils im Seitenzahnbereich angewandt.

Durch die Reinigung und Freilegung von Wurzeloberflächen können die Zähne empfindlicher auf Reize wie Kälte oder Süßes reagieren. Eine Versiegelung oder Fluoridierung der Zahnhälse kann Abhilfe schaffen.

Wer trägt die Kosten der Behandlung?

Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen bei diesen chirurgischen Eingriffen ggf. nur einen Teil der Kosten. Die Kosten für aufwändigere und für alle regenerativen Verfahren werden allerdings nicht erstattet und sind vom Patienten privat zu entrichten.

Wenn auf diesem Weg aber Zahnverlust verhindert werden kann, handelt es sich um eine sinnvolle Investition.

So sieht die Nachsorge aus

Wichtig ist in allen Fällen – ob mit oder ohne zusätzlichen chirurgischen Eingriff – eine regelmäßige Nachsorge mit professionellen Zahnreinigungen und Kontrolle der Taschentiefen, um das Behandlungsergebnis stabil zu halten und bei Verschlechterungen, also neuer Zunahme von Taschentiefen, direkt gegensteuern zu können.

Auf einen Blick

Folgen bei Ausbleiben der Behandlung

  • erneute bakterielle Besiedelung der verbliebenen Parodontaltaschen
  • weitere chronische Entzündung mit fortschreitendem Abbau des Zahnhalteapparates

Indikation

  • Parodontaltaschen, die nach Initialbehandlung noch Sondierungstiefen von über 5 mm aufweisen
  • verbliebene Ablagerungen auf Wurzeloberflächen, die durch die geschlossene Therapie nicht erreicht werden können
  • Voraussetzung sind eine gute Mitarbeit und Mundhygiene des Patienten

Risiken

  • Rezessionen des Zahnfleischs mit ästhetischen Beeinträchtigungen
  • kälteempfindliche Zähne

Ergebnis

  • durch resektive Verfahren ist eine Verringerung der Taschentiefen möglich
  • der Erfolg, besonders von regenerativen Maßnahmen, ist allerdings stark abhängig von Größe und Art des Defekts

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