Durch moderne Verfahren der Implantologie, unterstützt durch innovative Diagnostik wie dreidimensionales Röntgen (DVT) und computergeplante und navigierte Chirurgie, kann der operative Aufwand mittlerweile auf ein Minimum reduziert werden.
Dieses minimal invasive Vorgehen ist ein wichtiger Faktor, um postoperative Beschwerden wie z. B. eine Schwellung vorzubeugen. Zusätzlich kann zur Schwellungsprophylaxe aber auch medikamentös gearbeitet werden, hierbei vor allem mittels Cortisoneinnahme.
Das ist die Wirkung von Cortison
Cortison (, das im Körper in die wirksame Form Cortisol umgewandelt wird) ist ein Steroidhormon, das in der Nebennierenrinde produziert wird. In der Medizin wird vor allem seine dämpfende Wirkung auf das Immunsystem eingesetzt. Indem es Entzündungsvorgänge nach der OP unterdrückt, kann Cortison aber auch zur Schwellungsprophylaxe eingesetzt werden.
Hierbei verhindert es, dass Blutplasma aus den Gefäßen in das umliegende Gewebe austritt.
Die Gewebeschwellung wird erfolgreich reduziert– gleichzeitig auch die schmerzhafte Dehnung des Gewebes.
Cortisoneinnahme sinnvoll, notwendig oder kontraindiziert?
Bei den meisten oralchirurgischen Eingriffen kann sicherlich durch schonende, minimalinvasive Operationstechnik eine Gewebeschädigung und damit einhergehender Schwellungs- und Schmerzsymptomatik umgangen werden.
Den größten Beitrag zur Schwellungsprophylaxe leistet die computernavigierte Implantologie. Bei ihr wird keine Schleimhaut abgelöst.
Im Einzelfall kann eine Cortisongabe jedoch sinnvoll sein. Das hängt aber klar von der Schwere des Eingriffs ab und sollte mit dem Implantologen individuell abgewägt werden. Insbesondere komplexe implantologische Eingriffe mit ausgedehnten Maßnahmen können für eine Cortisongabe sprechen.
So zum Beispiel ein externer Sinuslift, ausgeprägter horizontaler oder vertikaler Knochenaufbau, also Eingriffen, bei denen der Kieferknochen großflächig von der Schleimhaut freigelegt wird.
Eine möglichst kurzfristige Einnahme bis hin zur Einmalgabe sollte dabei immer favorisiert werden, um unerwünschte Nebenwirkungen so gering wie möglich zu halten. Auch internistische Erkrankungen wie z. B. ein Diabetes sind bei einer Cortisongabe zu berücksichtigen und können ggf. eine Kontraindikation sein.
Gibt es alternative Schwellungsprophylaxen?
Die beste Schwellungsprophylaxe bleibt jedoch immer, diese durch schonende operative Techniken primär zu verhindern oder aber auf ein Minimum zu reduzieren.
Auch feucht-kalte Umschläge, körperliche Schonung und erhöhte Lagerung des Kopfes (zweites Kissen) sind effektive und bewährte Maßnahmen. Sie können bei jedem Patienten zur Anwendung kommen, um postoperative Schwellungen zu reduzieren.
Vereinzelt wird auch auf die Wirkung von proteolytischen, also eiweißabbauenden Enzymen, verwiesen. So zum Beispiel Bromelain, das in der Ananas vorkommt.
Cortison und Wundheilung
Cortison moduliert und dämpft damit auch immer unsere Immunantwort. Es reduziert also die Fähigkeit unserer Abwehrkräfte auf potentielle Angreifer und Infektionen zu reagieren.
Daher sollte eine Cortisongabe immer erst nach einer ausführlichen Abwägung von Nutzen und möglichem Schaden erfolgen.
Insbesondere frisch eingesetzte Implantate und ggf. ein zusätzlicher Knochenaufbau benötigen eine intakte Einheilung. Postoperative Infektionen reduzieren die Einheilwahrscheinlichkeit deutlich. Gerade zu diesem Zeitpunkt sind eine intakte Wundheilung und ein optimal arbeitendes Immunsystem unerlässlich.
Herzlichen Dank an Dr. med. G. H. Wittstock für die schnelle und klare Beantwortung meiner Frage. Mit freundlichen Grüßen. T. Schlieckau