Artikel 03/11/2016

Polyzystisches Ovarialsyndrom (PCO-Syndrom): Therapiemöglichkeiten

Prof. Dr. med. Kai Joachim Bühling - Privatpraxis Frauenarzt (Gynäkologe), Endokrinologe & Diabetologe
Prof. Dr. med. Kai Joachim Bühling - Privatpraxis
Frauenarzt (Gynäkologe), Endokrinologe & Diabetologe
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In den Eibläschen der Eierstöcke werden die männlichen Hormone Testosteron und Androstendion produziert. Diese werden kurz nach ihrer Produktion in weibliche Hormone, speziell Estradiol und Estron, umgewandelt. Manchmal findet diese Umwandlung jedoch nur unzureichend statt.

Was ist das PCO-Syndrom?

Bei Patienten mit PCO-Syndrom gelangen mehr männliche Hormone ins Blut als die üblicherweise der Fall ist. Diese erhöhten männlichen Hormone wiederum stören die Ansteuerung der Eierstöcke durch die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse), was dazu führt, dass die Produktion der männlichen Hormone weiter gesteigert wird. Die Folge sind noch mehr männliche Hormone im Blut – ein Teufelskreis entsteht.

Im Eierstock bilden sich kleine Zysten als Folge nicht weiterentwickelter Eibläschen, die männlichen Hormone beeinträchtigen nicht nur den Zyklus, sondern wirken sich auch negativ auf Haut und Haare aus. So können bei zu vielen männlichen Hormonen die Haare ausfallen und auf der Haut vermehrt Pickel entstehen. Zudem können männliche Hormone zu Haarwachstum in Bereichen führen, an denen Frauen üblicherweise nur eine sehr dünne Behaarung aufweisen, z.B. am Rumpf und an den Armen (Hirsutismus).

Internationale Gremien haben beschlossen, dass ein PCO-Syndrom vorliegt, wenn zwei der folgenden drei möglichen Kriterien erfüllt sind:

  • 1. Erhöhte männliche Hormone (im Labor gemessen oder durch klinische Symptome wie Akne oder Haarausfall oder Hirsutismus diagnostiziert)
  • 2. Zyklusstörungen (seltene oder ausbleibende Menstruation)
  • 3. Diagnose von polyzystischen („vielen zystischen“) Eierstöcken

Wenn eine Frau also Akne hat und ihre Zyklen ausbleiben, läge nach dieser allgemeinen Definition bereits ein „PCO-Syndrom“ vor. Eine Ultraschalluntersuchung der Eierstöcke zur Diagnosestellung wäre dann auch nicht mehr zwingend notwendig - sie kann aber durchaus hilfreich zur Einschätzung des Krankheitsbildes sein!

Da sich auch andere hormonelle Störungen, z.B. erhöhte männliche Hormone aufgrund anderer Ursachen als PCO-Syndrom äußern können, ist zu Beginn der Störung immer eine umfangreiche Abklärung sinnvoll.

Hierzu gehört unter Umständen auch der Ausschluss eines Diabetes mellitus oder eines Prädiabetes, denn Frauen mit PCO-Syndrom leiden häufiger darunter - vor allem wenn sie gleichzeitig noch übergewichtig sind.

Die weitere Behandlung richtet sich danach, ob die Patientin einen Kinderwunsch hat oder nicht:

PCO-Syndrom ohne Kinderwunsch

Hier stehen die Symptome der erhöhten männlichen Hormone im Vordergrund. Leidet die Patientin also unter Akne und/ oder Haarausfall oder Hirsutismus, gibt es mehrere Therapieansätze:

  • a) Die antiandrogene „Pille“. Diese Therapieoption ist eine der einfachsten und wird häufig durchgeführt, insbesondere wenn die Patientin ohnehin eine Verhütung wünscht. Die „Pille“ stellt die Eierstöcke ruhig, wodurch die Produktion der männlichen Hormone gedrosselt wird. Gleichzeitig aktiviert die „Pille“ auch Eiweiße im Blut, die die vorhandenen männlichen Hormone binden und damit von Haut und Haarfollikeln fernhalten. Bevorzugt wird eine Pille eingesetzt, die ein Gestagen enthält, das gleichzeitig auch die Umwandlung von Testosteron in die wirksame Form Dihydrotestosteron in Haut und Haar hemmt. Somit weist die „Pille“ drei wesentliche Effekte in der Therapie der Symptome auf.

  • b) Vielfach wird auch ein Medikament eingesetzt, das eigentlich zur Therapie eines Diabetes mellitus verwendet wird – das sogenannte Metformin. Dieses verbessert die Sensibilität der Zellen auf das Hormon Insulin, das bei Frauen mit PCO-Syndrom häufig erhöht ist. Zwar ist Metformin nicht für diese Therapie zugelassen, aber in vielen Ländern bereits Standard. Der Nachteil von Metformin ist, dass es dauerhaft eingenommen werden muss. Da diejenigen Frauen, die eine Störung der Insulinempfindlichkeit aufweisen, meist auch übergewichtig sind, wäre jedoch die beste Therapie eine Gewichtsabnahme.

  • c) Ovardrilling. Bei dieser Therapie werden mittels einer Bauchspiegelung oder mittels Zugang auf vaginalem Wege die Zysten in den Eierstöcken zerstochen. Hierdurch werden genau die Eibläschen zerstört, die auch die männlichen Hormone produzieren. Nachteilig sind der operative Ansatz sowie die Tatsache, dass sich die Zysten im Laufe der nachfolgenden Monate erneut bilden und damit das Problem von vorne beginnt. Dieses Verfahren ist damit – wenn überhaupt – nur bei einem Kinderwunsch sinnvoll.

Kurzum, die Gewichtsnormalisierung, viel Bewegung und Sport und eine gesunde Ernährung sind die therapeutischen Hauptpfeiler - alle Patientinnen sollten diesbezüglich genau aufgeklärt werden!

Wenn keine störenden Symptome vorhanden sind, kann man auch einfach auf eine Therapie verzichten. Das PCO-Syndrom kann an sich zwar störend sein, aber es hat bisher keine nachweislich bekannten Langzeitfolgen. Die bekannten Langzeitrisiken wie Diabetes mellitus, erhöhter Blutdruck oder ein gestörter Fettstoffwechsel sind primär auf das Übergewicht zurückzuführen und sollten optimalerweise durch eine Änderung des Lebensstils behandelt werden.

PCO-Syndrom bei Kinderwunsch

Bei Kinderwunsch soll kurzzeitig wieder einen Eisprung erreicht werden. Deshalb ist eine Kombination nachfolgender Therapien sinnvoll:

  • a)Gewichtsabnahme: Die Schwangerschaftsrate ist am größten und das Fehlgeburtsrisiko am geringsten, wenn die Patientin normalgewichtig ist. Viele (übergewichtige) Patientinnen nutzen diese Information gerne als Motivation für eine Gewichtsreduktion.

  • b) „Pille“: Nehmen Frauen mit PCO-Syndrom über zwei Monate die „Pille“ ein, wird die Hormonproduktion zunächst heruntergefahren, die Eierstöcke lassen sich damit sozusagen „beruhigen“. Während dieser Zeit kann man langsam einschleichend (ansonsten kann es zu Bauchschmerzen kommen) Metformin geben.

  • c) Metformin: Metformin führt ebenfalls dazu, dass die Produktion der männlichen Hormone in den Eierstöcken verringert wird, was sich wiederum positiv auf die Schwangerschaftsrate und womöglich auch auf das Fehlgeburtsrisiko auswirkt. Metformin ist weder für eine Therapie eines Kinderwunsches noch in der Schwangerschaft zugelassen, aber bereits in zahlreichen Studien ohne den Nachweis nachteiliger Effekte erprobt.

  • d) Clomifen. Mittels Clomifen lässt sich die Eibläschenreifung in den Eierstöcken stimulieren. Clomifen täuscht eine zu geringe Menge an Estradiol vor, mit der Folge einer erhöhten Stimulation der Eierstöcke. Diese Therapie muss per Ultraschall überwacht werden, um das Auftreten mehrerer Eibläschen auszuschließen.

Fazit

Das PCO-Syndrom ist eine häufige Erkrankung, die mit einer Erhöhung der männlichen Hormone einhergeht. Der größte Risikofaktor für die Entstehung ist Übergewicht. Deshalb ist die beste Therapie eine Gewichtsabnahme. Je nach Wünschen der Patientin kann eine individuelle Therapie durchgeführt werden, um eventuelle Symptome zu verbessern.

Hinsichtlich eines Kinderwunsches sollten Frauen mit einem PCO-Syndrom nicht übermäßig besorgt sein, denn in den meisten Fällen gelingt es, mittels einer hormonellen Therapie Eibläschen heranreifen zu lassen. Somit bestehen die gleichen Chancen auf eine Schwangerschaft wie bei einer Frau ohne PCO-Syndrom.

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