Wer unter chronischen Schmerzen leidet, neigt dazu, sich weniger zu bewegen. Dass dieser Bewegungsmangel chronische Schmerzen verschlimmert oder überhaupt erst hervorrufen kann, ist den Betroffenen häufig nicht bewusst.
Bekannt ist der Zusammenhang seit 1984 unter dem Namen Disuse- oder Inaktivitätssyndrom. Das Inaktivitäts-Syndrom entsteht durch Bewegungsmangel und wird durch einen passiven und vorwiegend sitzenden Lebenswandel noch verstärkt. Er wirkt sich nicht nur auf den Körper, sondern auch auf die Psyche des Menschen aus.
Häufig wird es im Zusammenhang mit Rückenschmerzen, aber auch anderen typischen Schmerzerkrankungen genannt. Körperliche Inaktivität wird aber auch in anderen Zusammenhängen häufig als Grund für verschiedene Erkrankungen gesehen.
Körperliche Inaktivität, beziehungsweise die fehlende Nutzung des Körpers, hat verschiedenste physische Konsequenzen. Der Spruch „Use it or lose it“ ist in diesem Zusammenhang sehr passend. Nutze es, oder Du verlierst es.
Folgende Auswirkungen hat das Inaktivitäts-Syndrom auf unseren Körper
- Im Muskel- und Skelettsystem kann es zu Muskelschwund und Osteoporose kommen
- Im Bezug auf das Herz-Kreislauf-System verringert sich die Sauerstoffaufnahme im Blut, der systolische Blutdruck erhöht sich und das Plasmavolumen verringert sich nach einer längeren Bettruhe
- Im Bereich des Nervensystems kommt es zu verlangsamten Denkprozessen, Gedächtnis- und Konzentrationsproblemen, Depression und Ängsten
Fühlen wir uns nicht wohl, verstärkt sich die Inaktivität, was wiederum physisch und psychisch schwächend wirkt. Experten sind der Meinung, dass das Inaktivitätssyndrom eine Schlüsselrolle in der Aufrechterhaltung von chronischen Schmerzen spielt. Da das Syndrom aber auch die emotionale Ebene verändert, kann es zudem zu einer gesteigerten Schmerzwahrnehmung kommen.
Wer sich die Standardtherapien von Schmerzpatienten ansieht, wird feststellen, dass sie vorwiegend passiv erfolgen und eine Immobilität noch weiter unterstützen. Dabei ist eine Umstellung des Lebensstils zugunsten von mehr Aktivität nachweislich positiv für Körper und Geist.
Aber wie soll sich ein chronischer Schmerzpatient mehr bewegen?
Grundsätzlich gilt, dass jede Form der Bewegung besser ist als gar keine. Versteht der Patient erst einmal den gesundheitsfördernden Nutzen, fällt es eventuell leichter, sein Leben umzustellen. Denn Bewegung kann gleich doppelt wirken: gegen den Schmerz und gegen die Depression.
Natürlich sollte eine Bewegungsform gewählt werden, die dem Patienten Freude bereitet. Der eine ist gern in der Natur, der andere fühlt sich im Wasser oder im Fitnessstudio wohl. Fällt es ihm leichter, wenn er allein unterwegs ist, oder benötigt er die Motivation einer Gruppe?
Wer anfängt, sein Leben umzustellen, sollte sich aber nicht gleich zu viel auf einmal vornehmen. Kleine Ziele sind leichter zu erreichen und führen eher zum Erfolg als große, die eventuell gar nicht erreicht werden.
Der Patient sollte sich feste Termine setzen und diese auch unbedingt einhalten. Denn irgendwann gehen diese in die alltägliche Routine ein und es fällt leichter, das Training umzusetzen. Wer dranbleibt, wird sehen, dass der Körper und seine Seele es ihm danken werden.