Was ist ein Leistenbruch?
Ein Leistenbruch (Leistenhernie, Hernia inguinalis) ist eine Ausstülpung von Bauchfell (Peritoneum) in der Leiste. In dieser Ausstülpung (Bruchsack) kann sich Fettgewebe, Netz (Fettgewebe aus dem Bauchraum) und Darm befinden. Der Leistenbruch bildet sich beim Mann in einer Schwachstelle (Hesselbachsches Dreieck, innerer Leistenring, Faszia transversalis) in der Bauchwand der Leiste aus; die Bauchwand der Frau ist in diesem Bereich viel besser ausgebildet; deswegen haben auch weniger Frauen einen Leistenbruch.
Wie häufig ist ein Leistenbruch?
In Deutschland werden jedes Jahr etwa 220.000 Leistenhernien operiert. Es sind etwa 4-mal so viele Männer wie Frauen betroffen. Die Zahlen sind im Wandel begriffen; zum einen hat sich die Diagnostik (Erkennen des Leistenbruches) verbessert; der Leistenbruch bei Frauen wird leicht übersehen, insbesondere, wenn man ohne Ultraschall untersucht.
Wie macht sich der Leistenbruch bemerkbar?
Der Leistenbruch kann Symptome (Beschwerden) machen, muss er aber nicht. Sobald sich in der Leiste eine Vorwölbung zeigt, ist dies ein Hinweis auf einen Leistenbruch, den auch der Patient sieht. Nicht jeder Leistenbruch macht eine Vorwölbung (okkulte Hernie – oft bei Frauen), insbesondere bei einer stärkeren Bauchwand bei Männern wird die Vorwölbung von außen nicht sichtbar sein und kann nur durch Ultraschall erkannt werden. Der Leistenbruch muss keine Schmerzen machen; Schmerzen treten oft dann auf, wenn ein Nerv, der von der Lendenwirbelsäule nach vorne zur Leiste, in den Oberschenkel bzw. den Genitalbereich zieht, in einem vorderen Teil der Bauchwand eingeklemmt ist (isolierte Nerveneinklemmung unabhängig von dem Bruchsack, nerve entrapment, Nervenengpass-Syndrom). Da kann es auch zu Ziehen in den Oberschenkel und in den Genitalbereich kommen. Ist eine Vorwölbung (prolabierender Bruchsack) erkennbar, stellt sich die Frage, ob man den Bruchsack noch zurückdrücken kann. Dies ist entscheidend zur Klärung, ob sofort eine Operation (Notfalloperation) erforderlich ist, oder ob man noch Zeit hat (Wahleingriff, Elektiveingriff). Im Fall eines eingeklemmten und strangulierten Darmes in dem Bruchsack (inkarzerierte Hernie) ist eine Operation innerhalb weniger Stunden lebensnotwendig, da der Darm bei nicht mehr vorhandener Durchblutung schwarz wird und abstirbt (nekrotisch) und dies eine Blutvergiftung (Sepsis) und Organausfall zur Folge haben kann. Die Notfalloperation hat immer ein höheres Risiko zu Komplikationen, z.B. Thrombose, Lungenembolie.
Was sind die Ursachen des Leistenbruches?
Der Leistenbruch kann angeboren sein, er kann durch Belastung der Leiste bei einer Bindegewebsschwäche erworben sein. Es gibt bestimmte Sportarten, die ein höheres Risiko für die Entstehung eines Leistenbruches haben: Fußball, Eishockey, Golf, Leichtathletik. Oft ist eine familiäre Veranlagung feststellbar, der Vater und/oder die Mutter und/oder Geschwister hatten auch schon einen Leistenbruch.
Muss man den Leistenbruch operieren?
Der Leistenbruch ist ein Defekt der Bauchwand, der sich nicht von selbst wieder verschließt. Eine Operation lässt sich daher in aller Regel nicht vermeiden.
Gibt es Alternativen zur operativen Therapie?
Nein! Der Leistengürtel, Bruchband, Bruchhose sind keine Alternative. Dies wurde von der Stiftung Warentest 2001 in einem Bericht mit der Überschrift „Die Angst der Männer vor dem Leistenbruch“ unmissverständlich klar gestellt. Das Bruchband kann durchaus zu einer Komplikation wie der Darminkarzeration führen.
Wann sollte operiert werden?
Sobald sicher ist, dass ein Leistenbruch vorliegt, sollte man nicht zu lange mit der Operation warten. Der Bruch wird nicht von selbst verschwinden. Es gibt eine Diskussion, ob man auch Leistenbrüche ohne Schmerzen operieren sollte. Leider ist es so, dass der Schmerz im Ablauf einer Erkrankung häufig ein spätes Symptom ist, das heißt, dass dann unter nicht mehr so günstigen Umständen operiert werden kann, wie in einem schmerz- und entzündungsfreien Zustand. Durch Belastung des Bruchsackes kommt es immer wieder zu Reibung und entzündlichen Veränderungen, insbesondere bei Bewegung. Dies macht sich während des Freilegens des Bruchsackes beim Operieren bemerkbar. In jedem Fall muss sofort operiert werden, sobald Anzeichen eines strangulierten und eingeklemmten Darmes (inkarzerierte Hernie) vorliegen. Hier spricht man von einer vitalen Indikation, das heißt, um das Leben des Patienten zu schützen. Ein weiterer Aspekt ist, dass durch zunehmende Belastung die Bauchwand nachgibt und der Bruchsack sich bis ins Scrotum (Hodensack) ausdehnen kann.
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Sehr geehrter Herr Prof. Holzheimer, ich wurde vor ca. einem Monat laparoskopisch an der Leiste operiert und es wurde ein Netz eingelegt (nicht fixiert). Ich habe mich relativ schnell erholt und war nach ca. 2 Wochen nahezu beschwerdefrei und habe mich sehr gut gefühlt. Seit etwa einer Woche habe ich wieder ein Brennen und Ziehen in der gleichen Leistengegend, was auch in den Oberschenkeln und den Hodensack ausstrahlt. Beim Laufen lassen die Schmerzen nach. Kann hier ein erneuter Bruch vorliegen bzw. kann in der Zwischenzeit mit dem Netz etwas passiert sein? Vielen Dank.