Artikel 30/03/2018

Stürze im Alter: Ursachen, Risikofaktoren, Folgen und Prävention

Team jameda
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Mit zunehmendem Alter steigt die Sturzgefahr. Welche Ursachen und Risikofaktoren zu Stürzen führen können und welche Präventionsmaßnahmen sinnvoll sind, erläutert dieser Artikel.

Je älter der Mensch wird, umso dramatischer sind die zu erwartenden Folgen eines Sturzes. Besteht auch noch eine Osteoporose, steigt das Knochenbruchrisiko erheblich an. Ein osteoporotischer Knochen bricht selbstverständlich eher als ein gesunder Knochen.

Wie häufig sind Stürze?

Jeder Dritte über 65 Jahre stürzt einmal jährlich. Mit über 85 Jahren ist es schon jeder Zweite. Ist es zu einem Sturz gekommen, fallen 60 bis 70 Prozent innerhalb eines Jahres erneut.

Jeder zwanzigste Sturz führt zu einem Knochenbruch, jeder hundertste zum gefürchteten Oberschenkelhalsbruch. Nach einer Hüftfraktur sterben bis zu einem Drittel im ersten Jahr. Etwa 20 Prozent bleiben dauernd pflegebedürftig. Weniger als die Hälfte finden wieder den Weg in ihr ursprüngliches Leben zurück.

Stürze bei über 65-Jährigen

ca. 30 %

Stürze bei über 85-Jährigen

ca. 50 %

erneuter Sturz innerhalb eines Jahres  gesamt

60 – 70 %

Knochenbrüche insgesamt nach Sturz

ca. 5%

Hüftbrüche nach Sturz

ca. 1 %

Oberschenkelhalsfrakturen jährlich

120.000

Hüftbrüche in Folge eines Sturzes

90 %

Was sind die Folgen eines Sturzes?

Selbst wenn die Verletzungen verheilen, bleibt dennoch die Angst vor einem erneuten Sturz. Es fehlt dann zunehmend das Selbstvertrauen, seinen Alltag selbst zu bewältigen.

Man verlässt immer weniger die eigenen vier Wände. Mangelnde Bewegung hinterlässt aber ihre Spuren. Die Muskulatur wird weniger, bis sie zunehmend schwindet. Die Kraft lässt nach und man bewegt sich immer weniger. Verlässt man dann dennoch einmal die eigene Wohnung, ist die Sturzgefahr umso größer. Man gerät zunehmend in einen Teufelskreis. Dem zu entrinnen wird immer schwieriger.

Wie kann es zu einem Sturz kommen?

Man unterscheidet zwischen synkopalen, extrinsischen und  lokomotorischen Stürzen. Bei den synkopalen Stürzen fällt der Betroffene in Folge eines Bewusstseinsverlustes oder einer anfallsweisen Bewusstseinsstörung. Dazu gehören u.a.

Sie machen laut Statistik etwa fünf bis zehn Prozent der Stürze aus.

Davon zu trennen sind die extrinsischen Stürze. Dabei handelt es sich um Stürze, die durch von außen einwirkende Kräfte verursacht werden. Dazu gehören auch Verkehrs- und Sportunfälle. Ihr Anteil beträgt ebenfalls fünf bis zehn Prozent.

Bei den meisten Stürzen handelt es sich jedoch um lokomotorische Stürze. Ihr Anteil liegt bei rund 80 Prozent. Es handelt sich um Stürze, die sich während der alltäglichen Bewegung in gewohnter Umgebung ereignen, ohne Störung des Bewusstseins und ohne äußere Krafteinwirkung.

Oft sind es misslungene Bewegungen, die aus Geh- und Gleichgewichtsstörungen hervorgehen. Ein solcher Sturz beruht oft auf zu geringer funktionsfähiger Muskelmasse oder der typischen Verschlechterung der Bewegungs- und Haltungskontrolle, die im Alter immer mehr zunimmt.

Was sind die Risikofaktoren?

Wer in seinem normalen Alltag stürzt, sollte sich um eine ärztliche Abklärung bemühen. Ein Sturz muss als Warnzeichen aufgefasst werden.

Man unterscheidet zwischen intrinsischen Risikofaktoren, bei denen die Ursache in der Person selbst begründet liegt, von extrinsischen Risikofaktoren. Bei letzteren beruht die Ursache auf von außen einwirkende Faktoren. Die Risiko-Abklärung ist nicht zuletzt deshalb von großer Bedeutung, da die erforderlichen Behandlungsmaßnahmen sehr unterschiedlich sind.

Intrinsische Risikofaktoren

Zu den intrinsischen Risikofaktoren gehören

  • Bewegungseinschränkungen wie Gleichgewichts- und Gangstörungen
  • Gehverkürzung (kurze Schritte)
  • Gehveränderung (schlurfender Gang)
  • Arthrose der Hüft- und Kniegelenke
  • Lähmungen
  • Muskelminderung
  • Fehlstellungen der unteren Gliedmaßen, die das Sturzrisiko erhöhen
  • psychische Veränderungen wie Verwirrtheit, DemenzDepressionAngst und Unruhe

Einen negativen Einfluss haben auch Sehstörungen, denn korrektes Sehen ist die Grundvoraussetzung für die Stabilität des Gleichgewichts. Bei Einschränkung ist die Sturzgefahr erhöht. Auch ein häufiger - insbesondere nächtlicher - Toilettengang beispielsweise aufgrund vermehrter Durchfälle oder Inkontinenz stellt ein Problem dar. Bei mangelhafter Gehfähigkeit und Sehsstörungen ist das Sturzrisiko erhöht. De Angst vor einem erneuten Sturz ist ebenfalls problematisch.

Extrinsische Risikofaktoren

Hier lauern die Gefahren oft im direkten Umfeld der Betroffen. Unzureichende Lichtverhältnisse stellen eine große Gefahr dar. Deshalb sollte auf eine ausreichende Beleuchtung im Wohnbereich und insbesondere im Treppenhaus geachtet werden. Bewegungsmelder können hier sehr hilfreich sein. Mit Leuchtstreifen kann man Treppenstufen und Türschwellen markieren, so für mehr Sicherheit sorgen und verhindern, dass Stufen übersehen werden. Am besten gibt es auch Treppengeländer. Teppiche mit hohen Kanten sollten entfernt werden. Außerdem sollten Teppiche und Läufer rutschfest befestigt sein.

Ebenso geben rutschfeste Matten in der Dusche und Badewanne mehr Sicherheit. Hier sollten auch ausreichende Haltegriffe angebracht werden. Aufgrund der Rutschgefahr sollte der Boden stets trocken gehalten werden. Verschüttete Flüssigkeit ist sofort aufzuwischen.

Der Weg zur Toilette sollte frei von Stolperfallen sein. Umher liegende Kabel und abgelegte Gegenstände wie z.B. Taschen erhöhen das Sturzrisiko. Vor dem Toilettengang sollte man sich zunächst ein bis zwei Minuten aufrecht an die Bettkante setzen, bis sich der Kreislauf stabilisiert.

Hat man Probleme, sich vom Toilettensitz zu erheben, kann eine Toilettensitzerhöhung hilfreich sein. Ein gegebenenfalls notwendiger Toilettenstuhl sollte direkt neben dem Bett platziert sein.

Wichtig ist auch eine gute telefonische Erreichbarkeit. Empfehlenswert ist es, in mehreren Zimmern ein Telefon zu haben. Im Wohnbereich sollten die Stühle ausreichend hoch sein und über Armlehnen verfügen. Ein untergelegtes Kissen erleichtert das Aufstehen.

Gefahr durch Medikamente

Oft stellen Beruhigungsmittel, Psychopharmaka, Antiarrhythmika, Abführmittel und Antidepressiva eine erhöhte Gefahr dar, insbesondere in Verbindung mit Alkohol. Das Sturzrisiko wird so erhöht.

Auch wenn mehr als vier Medikamente eingenommen werden, sollte man darüber nachdenken, die Menge zu reduzieren. Ebenso kann eine längerfristige Behandlung mit Magenschutzmitteln, die in Senioreneinrichtungen von mehr als einem Drittel eingenommen werden, zu einem Magnesiummangel führen und somit die Muskeln schwächen. Dadurch werden wiederum Stürze begünstigt.

Wie kann ich einen Sturz vermeiden?

Ziel einer effektiven Sturzprophylaxe ist es, Stürze zu vermeiden. Da das Sturzrisiko mit dem Muskelverlust verbunden ist, der im Alter zunimmt, muss dem Muskelabbau entgegengewirkt werden. Denn Muskelverlust bedeutet erhöhtes Sturzrisiko, erhöhte Knochenbruchgefahr und damit drohende Pflegebedürftigkeit. Daher ist es das Ziel, Muskeln aufzubauen, Stürze zu vermeiden und Knochenbrüche zu verhindern. Deshalb muss die Muskulatur gestärkt und die Koordination gefördert werden.

Empfehlenswert ist ein Gleichgewichtstraining, bei dem Betroffene sicheres Aufstehen, Setzen und Gehen üben. Insbesondere werden Drehbewegungen und das Halten des Gleichgewichts trainiert. Da die Becken- und Hüftmuskulatur die Kräfte bei der Gleichgewichtsverlagerung auf einem Bein kontrolliert, sind gerade diese Muskeln besonders wichtig und stehen im Mittelpunkt eines knochenbruchvermeidenden Bewegungsprogramms. Die Kraft und die Leistung dieser Muskelgruppen müssen deshalb zwingend gesteigert werden.

Klinische Tests zur Beurteilung des Sturzrisikos

Zur Beurteilung des Sturzrisikos stehen folgende Tests zur Verfügung

Chair rising (Aufstehtest)

Der Patient sitzt auf einem Stuhl ohne Armlehne. Dann soll er ohne Zuhilfenahme der Arme fünfmal von einem Stuhl aufstehen und sich wieder hinzusetzen. Schafft er das, ist keine kraftbedingte Gangunsicherheit anzunehmen.

Timed Up & Go Test

Der Patient sitzt wieder auf einem Stuhl mit Armlehnen. Er soll sich - ohne fremde Hilfe - erheben, eine Strecke von drei Metern gehen, umkehren und sich wieder setzen. Und das alles innerhalb von zehn Sekunden. Dabei darf er Hilfsmittel wie eine Gehstütze verwenden. Schafft er das, ist keine Mobilitätsstörung anzunehmen.

Tandem-Stand (Balance Test)

Der Patient stellt zehn Sekunden lang einen Fuß so vor den anderen, dass die Ferse des einen die Zehen des anderen Fußes berührt. Gelingt es, liegt wohl keine Gleichgewichtsstörung vor.

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