Artikel 24/06/2016

Zahnimplantate - Fluch oder Segen?

M.Sc. M.Sc. Lars Christian Budde Zahnarzt
M.Sc. M.Sc. Lars Christian Budde
Zahnarzt
zahnimplantate-moegliche-komplikationen-und-risiken

Statistisch erhält in Deutschland jährlich fast jeder hundertste Bundesbürger ein Zahnimplantat: Mehr als 800.000 Implantate werden jährlich eingesetzt. Patienten haben dabei oftmals negative Erwartungen: nachhaltige Schmerzen, wiederauftretende Entzündungen und behandlungsintensive Beschädigungen sind nur einige der Komplikationen, die Patienten nach dem Eingriff befürchten. Die genannten Gefahren sind jedoch statistisch gesehen kaum relevant: Ein medizinischer Eingriff gilt als risikoarmer operativer Eingriff - vorausgesetzt der durchführende Arzt ist kompetent und erfahren. Probleme treten - wenn überhaupt - bei Risikogruppen wie Diabetikern oder starken Rauchern auf.

Im Folgenden informieren wir Sie zu Hintergrundinformationen rund um den Einsatz von Implantaten und was Sie vor dem Eingriff beachten sollten.

Potentielle Probleme beim operativen Einsatz

Die Operation des Implantateinsatzes stellt eine Gefahrenquelle für einwandfreie Implantate dar. Es können Nerven während des Eingriffs beschädigt werden - im Bereich des Implantatumfeldes verlaufen wichtige Nervenbahnen.

Insbesondere der Seitenzahnbereich des Nervenknochens kann in Mitleidenschaft gezogen werden. Am häufigsten werden Beschädigungen am Unterkiefer-Nerven-Ast (Nervus alveolaris inferior) erfasst. Dieser wichtige Nerv innerviert den Bereich von Kinn und Lippe und stellt somit die Versorgung im Gesichtsbereich sicher.

Bei Beschädigung sind Taubheitsgefühle um den Mund die Folge - das Gehirn wird nicht ausreichend mit Sinnessignalen von Kinn und Lippe versorgt und die Verletzungen sind oft irreparabel. Um solche Gefahren auszuschließen, werden in der Zahnarztpraxis noch vor der Operation digitale Röntgenaufnahmen angefertigt. Der Verlauf der Nerven wird damit bestmöglich erfasst und in die Planung des Eingriffs einbezogen.

Mögliche Komplikationen

Sind die anatomischen Verhältnisse des betroffenen Gebisses beengt oder einzelne Zähne zu eng positioniert, können benachbarte Zähne durch das Einsetzen des Implantats an der Wurzel beschädigt werden.

Auch der Einsatz von Wundhaken muss mit entsprechender Sorgfalt durchgeführt werden: Bei Weichteilen im Wurzelbereich können schnell durch unzureichende Handgriffe Schäden entstehen.

Blutungen hingegen sind normale Begleiterscheinung einer Operation - lediglich bei Einnahme von blutverdünnenden Mitteln oder Blutgerinnungskrankheiten ist beim behandelnden Arzt Vorsicht geboten. Bei erfahrenen behandelnden Ärzten kann eine entsprechende Komplikation weitgehend ausgeschlossen werden - es handelt sich um einen Routineeingriff.

Verletzungen des Kieferknochens und der Kieferhöhle

Bei unklarer Kontur des Kiefers oder einer Knocheneinziehung kann der Bohrer für das Loch des Implantats ungewollt aus dem Kieferknochen durchbrechen (Perforation). Minimale Perforationen gelten als unproblematisch, größere Durchbrüche müssen gedeckt werden, da sie zungenseitig Nerven und Blutgefäße schädigen können.

Eine Voruntersuchung mit Röntgenaufnahme verhindert diese ohnehin seltene Komplikation. Beim Knochenaufbau in die Kieferhöhle (Sinuslift) kann die Verletzung der Schneider-Membran auftreten. Hierbei wird der Kiefer im Bereich der hinteren oberen Backenzähne durch Eigenknochen oder Knochenersatzmaterial aufgebaut, um das Einsetzen eines ausreichend langen Implantats zu ermöglichen.

Dazu wird die Schneider-Membran (Innenauskleidung der Kiefernhöhle) hochgeklappt, um Zugang zum Knochen zu erhalten. Die Membran kann dabei überdehnt werden, was besonders bei vorbestehender Kieferhöhlenentzündung zu Beschwerden führt. Ist das Gewebe des Kieferknochens bereits reduziert (Atrophie), schwächen die Implantate den Knochen weiter. Unter Kaubelastung ist ein Kieferbruch möglich. Genau diesem Prozess kann aber vorher durch einen Aufbau des Kieferknochens vorgebeugt werden.

Wie kommt es zu einer Implantitis?

Nach dem Eingriff kann das Zahnimplantat sogenannte postoperative Komplikationen verursachen. Dabei handelt es sich um Wundheilungsstörungen und Entzündungen (Implantitis), Schwellungen, Blutungen oder Schmerzen. Die Entzündung eines Implantats nach der Operation tritt in weniger als 5% der Fälle auf.

Betroffen sind vor allem Raucher und Patienten mit chronischen Zahnfleischentzündungen sowie Zahnfleischschwund (Parodontitis). Schreitet die Entzündung weiter fort, wird sie als Periimplantitis bezeichnet. Rund um das Zahnimplantat entzündet sich das Zahnfleisch, was sich bis in die Tiefe zum Knochen des Kiefers ausbreiten kann. Ist nur das Zahnfleisch betroffen (periimplantäre Mukositis), führt eine antibiotische Behandlung meist zum Abklingen der Symptome. Die ausgeprägte Periimplantitis schädigt hingegen den Knochen, baut diesen ab und lockert dadurch das neue Implantat.

Wann tritt eine Periimplantitis auf?

Ursache der Periimplantitis ist das Ablagern von Belägen am Implantat (Plaqueablagerung). Werden diese Plaques nicht regelmäßig entfernt, vermehren sich Bakterien am Übergang vom Implantathals zum Zahnfleisch.

Der Bereich beginnt sich zu entzünden und zu schmerzen. Weitere Faktoren, die eine Periimplantitis am Zahnimplantat begünstigen, sind das Rauchen, Diabetes, eine vorbestehende Parodontitis, Osteoporose, lang anhaltender Stress, hormonelle Veränderungen, eine schlechte Zahnpflege sowie mangelndes Einheilen des Zahnimplantats. Dass besonders Patienten mit Diabetes, Raucher und Osteoporose-Betroffene gefährdet sind, liegt daran, dass das Zahnfleisch bei dieser Personengruppe vorgeschädigt ist.

Durch Diabetes sind kleine Blutgefäße (Kapillaren) häufig minderversorgt und die Zellen durch den erhöhten Glukosegehalt des Blutes gestört. Störungen des Zellstoffwechsels resultieren ebenso bei Durchblutungsproblemen durch Tabakkonsum und bei seelischen Belastungen, die erhöhte Entzündungswerte verursachen. Osteoporose kann den Kieferknochen schwächen und eine Bestrahlung verändert den Knochenstoffwechsel ebenso negativ.

Ratsam ist hier ein Periimplantitis-Markertest, der versteckten Knochenabbau nachweist und auf die daran beteiligten Enzyme reagiert. Dieser dient der Früherkennung des Abbaus und kann eine Behandlungsnotwendigkeit rechtzeitig anzeigen.

Bruch und Ermüdung beim Zahnimplantat

Wurde das Implantat für die dauerhafte Belastung zu dünn gewählt, kann es abbrechen (Ermüdungsbruch). Dies gilt besonders beim nächtlichen Zähneknirschen. Patienten üben dabei nachts sehr starken Druck auf die Zähne aus und belasten das Implantat unnötig, was sich in dessen höherem Verschleiß und Kopfschmerzen äußert.

Hierdurch können sich Verbindungsschrauben eines Stegs lockern oder brechen bzw. das Implantat selbst kann Risse bekommen. Abhilfe schaffen hier spezielle Schienen oder Maßnahmen der Physiotherapie. Muss das Implantat nach einem Bruch entfernt werden oder heilt es nicht ein, ist dies zunächst enttäuschend - ein dauerhafter Schaden resultiert aber meist nicht.

Der Knochendefekt wird durch Knochenneubildung geschlossen und eine erneute Implantation ist in vielen Fällen möglich. Auch die Versorgung durch herkömmlichen Zahnersatz kann in diesem Fall eine Alternative sein.

Fazit

Implantate sollen ein Leben lang halten und wurden entsprechend konstruiert. Dennoch ergeben sich aus diesem Anspruch auch Probleme, denn die Mundhöhle ist ein Tummelplatz für Bakterien und an keiner anderen Stelle des Körpers treten so starke Hebelkräfte auf.

Viele Komplikationen lassen sich durch Voruntersuchungen und ein sorgfältiges Arbeiten vermeiden. Wünschen Sie weitere Informationen oder möchten Sie sich zum Thema Zahnimplantat professionell beraten lassen? Dann nehmen Sie Kontakt zu einem erfahrenen Implantologen in Ihrer Nähe auf.

Die Veröffentlichung dieser Inhalte durch jameda GmbH erfolgt mit ausdrücklicher Genehmigung der Autoren. Die Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und jede Art der Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtes bedürfen der schriftlichen Zustimmung der jeweiligen Autoren.

Die Inhalte der Experten Ratgeber ersetzen nicht die Konsultation von medizinischen Spezialisten. Wir empfehlen Ihnen dringend, bei Fragen zu Ihrer Gesundheit oder medizinischen Behandlung stets eine qualifizierte medizinische Fachperson zu konsultieren. Der Inhalt dieser Seite sowie die Texte, Grafiken, Bilder und sonstigen Materialien dienen ausschließlich Informationszwecken und ersetzen keine gesundheitlichen Diagnosen oder Behandlungen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Meinungen, Schlussfolgerungen oder sonstige Informationen in den von Dritten verfassten Inhalten ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors darstellen und nicht notwendigerweise von jameda GmbH gebilligt werden. Wenn die jameda GmbH feststellt oder von anderen darauf hingewiesen wird, dass ein konkreter Inhalt eine zivil- oder strafrechtliche Verantwortlichkeit auslöst, wird sie die Inhalte prüfen und behält sich das Recht vor, diese zu entfernen. Eigene Inhalte auf unserer Website werden regelmäßig sorgfältig geprüft. Wir bemühen uns stets, unser Informationsangebot vollständig, inhaltlich richtig und aktuell anzubieten. Das Auftreten von Fehlern ist dennoch möglich, daher kann eine Garantie für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität nicht übernommen werden. Korrekturen oder Hinweise senden Sie bitte an experten-ratgeber@jameda.de.


www.jameda.de © 2023 - Wunscharzt finden und Termin online buchen.

Diese Webseite verwendet Cookies.
Surfen Sie weiter, wenn Sie unserer Cookie-Richtlinie zustimmen.