Artikel 03/10/2017

Kalte, weiße Hände: Symptome, Ursachen und Therapie der Weißfingerkrankheit

Team jameda
Team jameda
kalte-weisse-haende-symptome-ursachen-und-therapie-der-weissfingerkrankheit

Werden die Hände plötzlich weiß, dann blau und nach einer halben Stunde rot, leidet der Betroffene womöglich unter dem ,Trikolore-Phänomen‘‘. Lesen Sie hier, was sich hinter der sogenannten Weißfingerkrankheit verbirgt, was sie verursacht und welcher Arzt Ihnen helfen kann.

Durchblutungsstörung der Finger

Die Weißfingerkrankheit ist eine Durchblutungsstörung der Hände, die auftritt, wenn sich die Gefäße in den Fingern krampfhaft zusammenziehen. Seltener sind auch die Zehen oder andere Körperteile betroffen, wie zum Beispiel die Nasen- und Ohrenspitzen. Die Erkrankung ist nach ihrem Entdecker, dem französischen Arzt Maurice Raynaud, benannt.

Ungefähr 10 Prozent aller Menschen erkranken an dem primären Raynaud-Syndrom, einer Form der Weißfingerkrankheit. Es betrifft meistens Frauen im Alter von 20 bis 40 Jahren. Frauen leiden 5 Mal häufiger darunter als Männer.

Ursachen: krampfartige Verengungen der Gefäße

Das Raynaud-Syndrom wird von plötzlichen, starken, krampfartigen Verengungen der Gefäße verursacht, die sich später wieder auflösen. Man vermutet, dass durch eine gestörte Nervenaktivität oder durch Hormonstörungen gefäßerweiternde und -verengende Faktoren ins Ungleichgewicht geraten. Die Beschwerden verschlechtern sich während der Menstruation und der Menopause und verbessern sich während der Schwangerschaft. Eine genetische Veranlagung könnte auch eine Rolle spielen.

Es gibt zwei Formen des Raynaud-Syndroms:

  1. das primäre Raynaud-Syndrom mit unbekannter Ursache
  2. das sekundäre Raynaud-Syndrom, das andere Erkrankungen begleitet, wie zum Beispiel:
  • die Sklerodermie, eine erbliche Erkrankung des Bindegewebes
  • neurologische Erkrankungen, wie zum Beispiel Multiple Sklerose
  • generalisierte Gefäßerkrankungen, wie zum Beispiel die Arteriosklerose
  • Krebserkrankungen
  • das Karpaltunnelsyndrom, wobei Nerven des Handgelenks in ihrem Schaft eingeklemmt sind

Weitere Ursachen eines sekundären Raynaud-Syndroms sind:

  • die Einnahme bestimmter Medikamente, wie zum Beispiel die Pille, Mittel, die in der Chemotherapie eingesetzt werden, Interferon, Betablocker, Ergotaminpräparate und dopaminerge Substanzen
  • Drogen wie Kokain oder Designerdrogen
  • Chemikalien wie zum Beispiel Polyvinylchlorid
  • Arbeiten mit vibrierenden Maschinen wie Motorsägen oder Presslufthämmern

Die Auslöser des primären Raynaud-Syndroms sind Kälte, Rauchen und psychische Belastung.

Symptome: weiße, blaue und rote Haut

Die Symptome des Raynaud-Syndroms treten in Schüben auf. Durch das plötzliche Zusammenziehen der Gefäße wird die Blutzufuhr einzelner Finger beeinträchtig, insbesondere an den Fingerspitzen. Deswegen werden sie blass, weißlich und kalt, fühlen sich taub an und manchmal schmerzen sie.

Später färben sich die Finger bläulich und es können Missempfindungen auftreten. Die Daumen sind davon nicht betroffen. Danach wird die Haut rötlich, weil die Durchblutung wieder einsetzt. Die Abwechslung der Farben Weiß, Blau und Rot hat zur Bezeichnung ,Trikolore-Phänomen‘‘ geführt.

Die Anfälle dauern meistens 30 Minuten oder länger. Im Laufe des Lebens werden die Attacken seltener und schwächer und das primäre Raynaud-Syndrom verläuft meistens ohne bleibende Schäden zu hinterlassen.

Beim primären Raynaud-Syndrom sind beide Hände oder Füße von den Symptomen betroffen, beim sekundären Raynaud-Syndrom meistens nur eine Seite. Außerdem dauern die Anfälle länger, was zu Dauerschäden und Absterben der zusammengezogenen Gefäße führen kann.

Bei einer Sklerodermie ist zusätzlich die Haut der Hände, Arme oder des Gesichts verdickt und gespannt. Der Verlauf des sekundären Raynaud-Syndroms ist von der Grunderkrankung abhängig.

Folgende Kriterien helfen dem Arzt einzuschätzen, ob ein Raynaud-Syndrom primär oder sekundär ist:

Primäres Raynaud-Syndrom

Sekundäres Raynaud-Syndrom

Beide Hände sind betroffen.

Eine Hand ist betroffen.

Die Auslöser der Attacken sind meistens Kälte oder Stress.

Der Patient nimmt relevante Medikamente oder Drogen ein oder berichtet von berufsbedingten Ursachen, wie Arbeiten mit Chemikalien oder vibrierenden Maschinen.

Weitere Untersuchungen sind unauffällig.

Es liegt die Diagnose einer Erkrankung vor, die sich mit dem Raynaud-Syndrom äußert.

Die Betroffene ist weiblich und unter 30,

Der Patient ist männlich und über 30.

Diagnostik: Faustschlussprobe und Kapillarmikroskopie

Der Arzt, meistens der Hausarzt oder der Rheumatologe, erkennt das Raynaud-Syndrom oft schon an der Beschreibung der Beschwerden. Da ein Raynaud-Anfall selten während des Arzttermins auftritt, gibt es spezielle Tests zur Bestätigung der Diagnose:

  • Faustschlussprobe: Der Arzt umfasst das Handgelenk des Betroffenen und lässt ihn die Faust ungefähr 20 Mal schließen und wieder öffnen. Beim Raynaud-Syndrom verblassen dabei die Finger.
  • Allen-Test: Der Arzt drückt nacheinander die Arterien, die Hand und Finger mit Blut versorgen, und überprüft die Durchblutung. Drückt er auf die gesunde Arterie, so dass ihr Blutfluss beeinträchtigt ist, wird die Hand blass, weil die erkrankte Arterie, die nicht unter Druck steht, ohne Hilfe nicht genug Blut in die Hand leiten kann.
  • Kälteprovokationstest: Die Hände werden für ungefähr 3 Minuten in Eiswasser getaucht. Dabei kann eine Raynaud-Syndrom-Attacke ausgelöst werden.
  • Kapillarmikroskopie: Der Arzt untersucht die winzigen Gefäße in den Händen, die Kapillaren genannt werden, und erkennt Veränderungen, die typisch für die Weißfingerkrankheit sind.
  • Weitere Blutuntersuchungen und bildgebende Verfahren sind zur Klärung der Ursache oft nötig.

Behandlung und Selbsthilfe

Raynaud-Anfälle müssen nicht immer behandelt werden, insbesondere wenn sie selten auftreten, das heißt weniger als 1 oder 2 Mal pro Woche, und weniger als 15 bis 30 Minuten andauern.

Gibt es eine Grunderkankung, wie zum Beispiel Sklerodermie, Arteriosklerose oder multiple Sklerose, liegt ihre Behandlung im Vordergrund. Wenn das Syndrom auf die Einnahme von Medikamenten zurückzuführen ist, die die Weißfingerkrankheit begünstigen, müssen sie abgestellt und eventuell ersetzt werden.

Allgemeine Maßnahmen

Folgende Maßnahmen helfen den Betroffenen:

  • Vermeiden Sie die Auslöser, wie Kälte, Rauchen und Stress, oder berufsbedingte Ursachen.
  • Nutzen Sie jede Hilfe gegen kalte Hände und Füße, wie zum Beispiel dicke Socken, beheizbare Schuhe, Handschuhe, Taschenwärmer, Gummihandschuhe sowie warme Bäder und Heißluft.
  • Reinigen und pflegen Sie Wunden an den Händen sorgfältig, weil sie in der Regel schlecht heilen.
  • Bei einem Anfall stecken Sie die Hände unter die Achseln oder in warmes Wasser und bewegen Sie und massieren Sie die Finger. Übungen, die die Fingermuskeln stärken, verbessern die Durchblutung.

Dauert eine Attacke länger als 30 Minuten an, kann der Arzt unter anderem mit einer Heparinspritze helfen und eine gerinnungshemmende Therapie durchführen.

Medikamentöse Therapie

  • Kalziumantagonisten verbessern die Durchblutung, führen aber manchmal zum Anschwellen der Finger.
  • Nitroglyzerin, das die Gefäße erweitert, kann lokal angewendet werden. Die häufigsten Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen.

Operation

In schweren Fällen ist die sogenannte Sympathektomie möglich. Es handelt sich um die operative Durchtrennung der Nerven, die für die Gefäßverengung verantwortlich sind. Sie befinden sich im Brustbereich für die Finger und im Lendenbereich für die Zehen.

Eine Amputation des abgestorbenen Gewebes ist sehr selten nötig.

Schüßler Salze und Homöopathie

Die Schüßler Salze Nr. 3 Ferrum phosphoricum D6, Nr. 7 Magnesium phosphoricum D6 und das Ergänzungssalz Nr. 19 Cuprum arsenicosum D6 werden zwar beim Raynaud-Syndrom empfohlen, es gibt aber keine einzige wissenschaftliche Studie, die die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Behandlung belegt.

Auch Mittel aus der Homöopathie werden gegen das Raynaud-Syndrom eingesetzt, wie zum Beispiel Mutterkorn oder weißes Arsen, metallisches Kupfer, metallisches Blei und Fliegenpilz. Sie sollen symptomlindernd wirken.

Fazit

Das Raynaud-Syndrom ist eine Durchblutungsstörung, die durch das krampfhafte Zusammenziehen der Gefäße zur vorübergehenden Mangeldurchblutung der Finger oder Zehen führt. Dadurch erscheinen die betroffenen Glieder erst weiß, dann blau und schließlich rot, wenn sich die Durchblutung wieder normalisiert.

Das primäre Raynaud-Syndrom betrifft meistens junge Frauen und schwächt sich mit der Zeit ab, ohne bleibende Schäden zu verursachen. Das sekundäre Raynaud-Syndrom hat unterschiedliche Ursachen und ist unter anderem eine Berufserkrankung derjenigen Menschen, die starken, gefährlichen Vibrationen ausgesetzt sind.

Quellen

  • Mahler, F: Das Raynaud-Phänomen und andere Durchblutungsstörungen der Finger, Praxis 2014; 103(5): 265-269
  • Freedmann RR, Girgis R, Mayes MD: Acute effect of nitric oxide on Raynaud’s phenomenon in scleroderma. The Lancet 1999; 354: 739.
  • Goldman W, Seltzer R, Reuman P: Association between treatment with central nervous system stimulants and Raynaud’s syndrome in children: a retrospective case-control study of rheumatology patients. Arthritis Rheum 2008; 58: 563–6.
  • Brydoy M, Oldenburg J, Klepp O, et al.: Observational study of prevalence of long-term Raynaud-like phenomena and neurological side effects in testicular cancer survivors. J Natl Cancer Inst 2009; 101: 1682–95.
  • Creutzig A, Freund M: Severe Raynaud’s syndrome associated with interferon therapy. A case history. Angiology 1996; 47: 185–7.
  • Creutzig A, Freund M, Caspary L, Alexander K: Microangiopathy in patients with chronic myelogenous leukemia treated with interferon. Microvasc Res 1996; 52: 288–92.
  • Schapira D, Nahir AM, Hadad N: Interferon-induced Raynaud’s syndrome. Semin Arthritis Rheum 2002; 32: 157–62.
  • Allen, E. V.; Brown, G. E.: Raynaud’s disease: A critical review of minimal requisites for diagnosis. Am. J. med. Sci. 183 (1932) 187
  • Maricq, H. R.; Weinrich, M. C.; Keil, J. E.; LeRoy, E. : Prevalence of Raynaud Phenomenon in the General Population. J. Chron. Dis. 39 (1986) 423
  • Schoop, W.: Raynaud-Syndrom. Dtsch. Med. Wschr. 92 (1967) 1975
  • Silman, A.; Holligan, S.; Brennan, P.; Maddison, : Prevalence of symptoms of Raynaud’s phenomenon in general practice. Br. Med. J. 301 (1990) 590

Die Veröffentlichung dieser Inhalte durch jameda GmbH erfolgt mit ausdrücklicher Genehmigung der Autoren. Die Vervielfältigung, Bearbeitung, Verbreitung und jede Art der Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtes bedürfen der schriftlichen Zustimmung der jeweiligen Autoren.

Die Inhalte der Experten Ratgeber ersetzen nicht die Konsultation von medizinischen Spezialisten. Wir empfehlen Ihnen dringend, bei Fragen zu Ihrer Gesundheit oder medizinischen Behandlung stets eine qualifizierte medizinische Fachperson zu konsultieren. Der Inhalt dieser Seite sowie die Texte, Grafiken, Bilder und sonstigen Materialien dienen ausschließlich Informationszwecken und ersetzen keine gesundheitlichen Diagnosen oder Behandlungen. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Meinungen, Schlussfolgerungen oder sonstige Informationen in den von Dritten verfassten Inhalten ausschließlich die Meinung des jeweiligen Autors darstellen und nicht notwendigerweise von jameda GmbH gebilligt werden. Wenn die jameda GmbH feststellt oder von anderen darauf hingewiesen wird, dass ein konkreter Inhalt eine zivil- oder strafrechtliche Verantwortlichkeit auslöst, wird sie die Inhalte prüfen und behält sich das Recht vor, diese zu entfernen. Eigene Inhalte auf unserer Website werden regelmäßig sorgfältig geprüft. Wir bemühen uns stets, unser Informationsangebot vollständig, inhaltlich richtig und aktuell anzubieten. Das Auftreten von Fehlern ist dennoch möglich, daher kann eine Garantie für die Vollständigkeit, Richtigkeit und Aktualität nicht übernommen werden. Korrekturen oder Hinweise senden Sie bitte an experten-ratgeber@jameda.de.


www.jameda.de © 2023 - Wunscharzt finden und Termin online buchen.

Diese Webseite verwendet Cookies.
Surfen Sie weiter, wenn Sie unserer Cookie-Richtlinie zustimmen.